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Potsdam-Mittelmark: Skandalöse Hinterlassenschaft

Investor TAMAX tritt vom Kaufvertrag für Saarmunder Gasthaus „Zur Stadt Leipzig“ zurück

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Nuthetal - Noch vor einem halben Jahr kam Dietrich Tank aus dem Aufzählen gar nicht heraus: Wohnen, Gewerbe, Büros, vielleicht wieder ein Restaurant – der Geschäftsführer der TAMAX Immobilien- und Beteiligungsgesellschaft GmbH war voller Ideen, was man aus dem ehemaligen Gasthaus „Zur Stadt Leipzig“ in Saarmund machen könnte. TAMAX hatte das traditionsreiche Haus erworben und präsentierte sich als neue Besitzerin.

Nun will es die Gesellschaft so schnell wie möglich wieder loswerden. „Das Objekt ist nicht mehr im Vertragszustand. Es ist eine nicht frei gezogene Ruine und Müllhalde“, begründet Tank den geplanten Rückzug. Stallgebäude, Saal, ehemalige Gaststätten- und Kellerräume sind mit Elektroschrott, maroden Möbeln, Altpapierbergen, Autoreifen und Schutt vermüllt. Selbst die Wohnung sieht wie nach einer Flucht verlassen aus. Zu viel für TAMAX: „Wir sind vom Kaufvertrag zurückgetreten", bestätigt Tank auf PNN-Nachfrage. Die Hoffnung, dass die bis dahin verbliebenen Bewohner das Haus endlich beräumen und den Weg buchstäblich frei machen für eine Zukunft der Immobilie mit dem denkmalgeschützten Kellergewölben, habe sich nicht erfüllt. Zwar ist das Haus inzwischen unbewohnt, aber in einem katastrophalen Zustand.

Der Kaufvertrag war bereits im Februar 1997 mit Gerda Bernau geschlossen worden, aber rechtlich erst nach der erfolgten Rückübertragung im Jahr 2005 an die Eigentümerin wirksam geworden. „Vor zehn Jahren war das Haus schon keine Perle mehr, aber es war ein funktionierendes Gebäude, in guter Saarmunder Lage“, so Tank.

Gerda Bernau, verwitwete Alleinerbin des Gasthauses wird den Rücktritt von TAMAX vom Januar nicht akzeptieren. Das Haus war Vertragsgegenstand „wie es da stand“, sagt sie. Auch der abrisswürdige Zustand sei bekannt gewesen und damit kein Rücktrittsgrund. Bei ihrem letzten Besuch 2006 in Saarmund habe sie das Haus mit ihrem damaligen Anwalt besichtigt. Dielung und Holztäfelung waren bereits teilweise herausgerissen. Noch im Februar 2008 hat sie Sicherungsarbeiten an der Gebäudeaußenhaut bezahlt. „Es ist ein Jammer“, klagt die ältere Dame. Sie habe nun einen Anwalt mit der Lösung der Frage beauftragt.

Gerhard Bernau hatte das Gasthaus 1953 geerbt und die Bewirtschaftung mit seiner Frau Gerda übernommen. 1956 übernahm der KONSUM das Lokal. Im Zuge der Renovierung im gleichen Jahr entstand auch die in Gastraum und im Vereinszimmer teilweise erhaltene Holztäfelung. „Der KONSUM zahlte uns Miete, zog uns die Renovierungskosten davon aber ab“, so Gerda Bernau über die damaligen Umstände. Als 1958 ein neuer Wirt eingesetzt wurde, gaben die Bernaus als rechtmäßige Besitzer auf, 1961 verließen sie die Republik. Das Haus wurde nie enteignet, im November 1970 plötzlich in Volkseigentum überführt. Als „Rechtsträger“ verkaufte die Gemeinde Saarmund das Objekt 1988 als „Eigenheim“ an die Wirtsleute Poredda und gestatteten ein Jahr später den Ausbau einer Wohnung im Saaltrakt. 1990 folgte die Baugenehmigung für den rückwärtig errichteten Kiosk, an dem noch heute die Inschrift des längst geschlossenen Lokals „Zum dicken Willi“ zu lesen ist. Ursprünglich gab es 1993 Kaufbestrebungen der Poreddas, so Gerda Bernau. Der Vertrag stand, wurde aber nie vollzogen. Nun wohnt dort zwar niemand mehr, aber beräumt ist das Haus nicht.

„Die Schlüssel steckten im Briefkasten unseres Anwaltes“, erklärt Gerda Bernau. Eine gemeinsam Übergabe gab es nicht. Für die Schutt- und Sperrmüllberge im Haus seien die letzten Betreiber und Bewohner nicht verantwortlich. „Das haben die Saarmunder reingebracht", gibt Gerda Bernau deren Erklärung wieder. Ute Kaupke

Ute Kaupke

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