Von Hagen Ludwig: „So lassen wir uns nicht abkoppeln“
Gemeinsame Bahnreise: Drei Gemeinden fordern den Erhalt der Direktverbindung nach Schönefeld
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Potsdam-Mittelmark - Für Steffen Felsner aus Wilhelmshorst ist die Regionalbahn 22 zum Flughafen Schönefeld ein Glücksfall. Der 40-Jährige fährt täglich mit dem Rad zum Bahnhof Michendorf, von dort mit dem Triebwagen direkt nach Schönefeld und dann mit der S-Bahn nach Adlershof, wo er als Energiemanager arbeitet. Insgesamt benötigt er 50 Minuten, um an seine Arbeitsstelle zu kommen. Doch das soll sich ab 2012 ändern. Wie berichtet, ist geplant, die RB 22 künftig von Potsdam über Golm und den Berliner Außenring zu führen. Die Gemeinden Schwielowsee, Seddiner See und Michendorf würden damit vom Flughafen abgekoppelt. „Ich müsste dann mit dem Auto zum Bahnhof Saarmund fahren, um die RB 22 zu erreichen. Insgesamt würde ich 40 Minuten mehr für den Arbeitsweg benötigen“, hat Felsner schon einmal durchgerechnet.
Der Wilhelmshorster saß gestern nur zufällig gemeinsam in einer Regionalbahn 22 mit Bürgermeistern, Ortsbeiräten und Abgeordneten der drei betroffenen Gemeinden. Mit dieser Fahrt wollten sie gegen die Veränderung der Streckenführung protestieren. Steffen Felsner sei nur einer von vielen Betroffenen, sagte Michendorfs Bürgermeisterin Cornelia Jung. „Viele müssten künftig deutlich längere Fahrzeiten nach Schönefeld in Kauf nehmen oder wieder auf das Auto umsteigen.“ Ihr Amtskollege aus Seddiner See, Axel Zinke, fürchtet um Attraktivität seiner Gemeinde. „In den vergangenen Monaten haben sich bei mir schon viele Interessenten gemeldet, die einen attraktiven Wohnstandort mit einer schnellen Verbindung zum künftigen Großflughafen suchen“, sagte er.
Für den Fercher Ortsvorsteher Roland Büchner ist unverständlich, „warum ohne Not eine attraktive Verbindung gestrichen werden soll“. Gemeinsam haben die drei Bürgermeister nun eine Erklärung unterzeichnet, mit der der Erhalt einer schnellen Verbindung nach Schönefeld gefordert wird. Ihre Vorzugsvariante: Die RB 22 fährt weiterhin von Potsdam über die drei Gemeinden zum Flughafen. So könnten auch Reisende aus Richtung Dessau mit dem RE7 nach Michendorf kommen und dort in die RB 22 zum Flughafen einsteigen.
Allerdings haben die Gemeinden in der Vergangenheit auch schon Gesprächsbereitschaft gezeigt und Kommpromissvorschläge unterbreitet. So ist bisher geplant, ersatzweise künftig eine RB 23 von Potsdam nach Michendorf fahren zu lassen. „Würde man diese Linie nach Saarmund verlängern, hätten wird dort wieder Anschluss an die RB 22“, erläuterte der Michendorfer Gemeindevertreter Peter Pilling. Auch die Reaktivierung des Bahnhofs Bergholz als Umsteigemöglichkeit für den Außenring wurde vorgeschlagen. Eine konkrete Antwort vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg oder aus dem Brandenburgischen Infrastrukturmisterium habe es bisher nicht gegeben, so Pilling.
Stattdessen sei auf der VBB-Regionalkonferenz behauptet worden, nur etwa 40 Fahrgäste würden die RB 22 derzeit täglich auf der Strecke Michendorf-Schönefeld nutzen. „Manchmal sind es schon 40 in einem Zug“, hat Pilling indes auf seinen zahlreichen Fahrten gezählt. Auch Steffen Felsner hat die Erfahrung gemacht, dass die Triebwagen vor allem in den Früh- und Nachmittagsstunden gut gefüllt sind.
Die Vertreter der drei betroffenen Gemeinden wollen jetzt noch einmal alle möglichen Register im Kampf um die RB 22 ziehen. Demnächst soll eine Unterschriftenliste mit 2000 Namenszügen im Infrastrukturministerium vorgelegt werden. Eine weitere könnte folgen, denn der VBB plant jetzt, auch die MR 33 von Wannsee nach Beelitz / Jüterbog künftig nicht mehr über Michendorf zu führen. „So lassen wir uns nicht abkoppeln“, kündigte Bürgemeisterin Jung an.
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