zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Sozialdemokratisches Krisenmanagement

Mittelmärkische SPD-Spitze will mit Kreistagsfraktion in Klausur gehen / Landrat will Fakten zum Krankenhaus-Verkauf darlegen

Stand:

Potsdam-Mittelmark - Nach den Tumulten in der mittelmärkischen SPD ist der Parteivorstand um Schadensbegrenzung bemüht. Nach dem Rücktritt des Vorstandes der SPD-Kreistagsfraktion am Montag und der – von SPD-Kreischefin Susanne Melior keinesfalls gewollten – Wahl von Andrea Grochtmann zur neuen Interimsvorsitzenden an der Fraktionsspitze am gleichen Tag war es zur offenen Auseinandersetzung gekommen.

„Einige Beteiligte haben sich disqualifiziert“, äußerte sich SPD-Landrat Lothar Koch gegenüber der Presse. Misstrauen, politische und inhaltliche Differenzen und fehlende Geschlossenheit haben tiefe Gräben durch die mittelmärkische SPD gezogen. „Wir reden zu wenig miteinander, so dass sich Vorbehalte und Ressentiments verfestigen“, beklagt Vorstandsmitglied Susanne Krause-Hinrich. „Jetzt müssen wir uns zusammenreißen und Wege aus der Krise finden“, so die Kleinmachnowerin nach dem Treffen des Parteivorstandes am Dienstagabend.

Die sozialdemokratische Führungsriege appelliert an die Kreistagsfraktion, wieder zu einer funktionierenden Arbeitsweise zurückzukehren. Vorstand und Fraktionsspitze wollen dafür gemeinsam in Klausur gehen. Gegenüber den PNN betonte Parteichefin Melior, dass sie Grochtmann als zeitweilige Fraktionschefin anerkenne, um die Gespräche und das weitere Verfahren in Gang zu bringen. Grochtmann selbst versteht sich als zeitweilige Vorsitzende, bis ein neuer Fraktionsvorstand gewählt ist.

Melior nannte es gestern gegenüber den PNN ein „offenes Geheimnis“, dass sich die Kreistagsfraktion entzweit hat, weil es zu anstehenden Entscheidungen unterschiedliche Auffassungen gibt. Als „symptomatisch“ für die Kluft bezeichnete Melior den Disput über die angestrebte Privatisierung des Belziger Kreiskrankenhauses. Diese wurde vom Kreistag mehrheitlich beschlossen und wird vom christdemokratischen Koalitionspartner nachhaltig befürwortet. Auch Landrat Koch hält die Privatisierung des Krankenhauses für unumgänglich. An der SPD-Basis sowie in der Kreistagsfraktion regt sich indes Widerstand gegen den Verkauf. Auf dem jüngsten Kreisparteitag gab es ein klares Votum gegen die Privatisierung. „Dieser Beschluss ist ernst zu nehmen“, so Melior.

Mitte Juli soll im Kreistag endgültig über den Verkauf des Krankenhauses abgestimmt werden. Um die Vorbehalte in der zweigeteilten Fraktion auszuräumen, will Landrat Koch im Vorfeld alle Daten und Fakten zur Einsicht geben – soweit dies in einem anonymen Bieterverfahren möglich ist. Koch will darlegen, welche Interessenten zu welchen Konditionen das Krankenhaus übernehmen wollen.

Doch ist die strittige Krankenhaus-Frage „nicht Ursache“ des SPD-Übels, wie Melior erklärt. Offenbar stehen sich zwei Lager gegenüber: „Die einen sind mehr links, die anderen eher konservativ und pragmatisch“, so Krause-Hinrichs. „Da spielt sich viel auf emotionaler Ebener ab.“ Bei konkreten Fragen prallen die politischen Wertvorstellungen aufeinander. Nicht nur beim Kreiskrankenhaus gibt es innerhalb der Fraktion verschiedene Ansichten. „Wir haben Differenzen bei der Organisation und Finanzierung des ÖPNV“, gibt Fraktionsmitglied Klaus Nitzsche zu. Ebenso gibt es Gegensätze bei der Privatisierung von Gesellschaften, an denen der Landkreis beteiligt ist. Und bei einfachen demokratischen Abläufen würden handwerkliche Fehler gemacht, bedauert Nitzsche.

Unzufrieden sind nicht wenige Genossen, dass sich ein Teil der Fraktion zu sehr dem Diktat des CDU-Koalitionspartners unterwerfe. „Vielen geht die Annäherung der Fraktion und des Landrats an die CDU zu weit“, konstatiert etwas der Werderaner Kreistagsabgeordnete Joachim Lindicke. Für Melior ist dieser Vorwurf schwer nachvollziehbar. Die SPD zeige sehr wohl eigenes Profil. Doch fällt es offenbar in den eigenen Reihen schwer, dieses Profil zu erkennen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })