zum Hauptinhalt
Historische Momentaufnahmen. Erzählt wurde vom schweren Anfang nach dem Krieg, vom Wirtschaftsaufschwung ebenso wie vom ersten Fußballweltmeisterschaftstitel für Deutschland.

© Andreas Klaer

Von Charlotte Witte: Spaghetti und Geschichte

Zeitzeugen und Schüler ließen in Kleinmachnow die 50er Jahren lebendig werden

Stand:

Kleinmachnow - Geschichten aus den 50er Jahren standen im Mittelpunkt beim Fest der Langen Tafel am Samstag auf dem Kleinmachnower Rathausmarkt. Es wurde ein Treff der Generationen – an weiß gedeckten Tischen kamen Hundert Mädchen und Jungen der Freien Waldorfschule und der Maxim-Gorki-Gesamtschule mit etwa 50 Zeitzeugen beim gemeinsamen Spaghetti-Essen ins Gespräch. Aus den Boxen der Musikanlage erklang Elvis Presley – Rock ’n’ Roll, passend zum Thema. Neugierig lasen Besucher die an Schnüren aufgehängten Geschichten aus längst vergangenen Zeiten.

Erzählt wurde vom schweren Anfang nach dem Krieg, vom Wirtschaftsaufschwung ebenso wie vom ersten Fußballweltmeisterschaftstitel für Deutschland. Historische Momentaufnahmen – aufgeschrieben von den Jugendlichen beider Schulen, die in den Monaten zuvor in ausgelosten Gruppen die Kleinmachnower Zeitzeugen interviewt hatten. Dabei hörten sie von einem älteren Kleinmachnower, wie er als Kind mit seiner Mutter nach West-Berlin fuhr und von der Angst vor den strengen Grenzpolizisten, wenn sie beladen mit Kaffee und Früchten heimkehrten. Berichtet wurde von den politischen Gesprächen am Abend im Familienkreis ebenso wie von der gefährlichen Suche der Kinder nach Blindgängern.

Ziel sei es gewesen, Kleinmachnower Einwohner verschiedener Altersgruppen, die im Alltag nur wenige Berührungspunkte haben, füreinander zu interessieren, sagte die Bundestagsabgeordnete der Bündnisgrünen, Cornelia Behm, die gemeinsam mit Bürgermeister Michael Grubert die Schirmherrschaft für die Lange Tafel übernommen hatte. Ein gelungenes Projekt, wie Jung und Alt am Samstag auf dem Rathausmarkt bestätigten.

Johann aus der Waldorfschule begeisterte vor allem, wie lebendig und einprägsam dadurch ein Stück „trockener“ Geschichte wurde. „Man hört einfach viel intensiver zu“, erzählte er. Viele Jugendliche würden sich ansonsten gar nicht für ihre Großeltern und deren Geschichte interessieren, sagte auch Frank Nesemann, einer der Organisatoren des Projekts. Die Lange Tafel trage dazu bei, „dass der Wert der Erfahrung der älteren Generation nicht verloren geht. Zudem sei sie eine Art „Stadtinszenierung“, so Nesemann. Die Jugendlichen waren nicht nur Chronisten sondern auch Gastgeber, sie servierten die Spaghetti, lasen ihre selbstverfassten Geschichten vor und erzählten den Gästen, was es mit der Langen Tafel auf sich hat.

Die Begeisterung spürte auch Bernd Jentzsch, der sich vor einigen Monaten freiwillig als Zeitzeuge für das Projekt gemeldet hatte. Er habe das Gefühl gehabt, dass sich die Jugendlichen wirklich für seine Geschichten interessierten und nicht nur teilgenommen haben, weil es die Schulleitung so wollte. Sein Fazit: „Ein tolles Projekt, bei dem alle Teilnehmer jede Menge neue Erfahrungen und Erlebnisse sammeln konnten.“

Und auch Vorurteile zwischen den Jugendlichen beider Kleinmachnower Schulen wurden überwunden, wie Lena aus der 10.Klasse der Gorki-Schule berichtete. „Viele dachten bisher , die von der Waldorfschule tanzen ihre Namen“, sagte sie. Nun seien sie Freunde geworden, allein dafür habe sich das Projekt gelohnt.

Charlotte Witte

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })