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Thema Graffiti. Jugendliche diskutierten mit Bildungsministerin Münch.

© M. Thomas

Potsdam-Mittelmark: Sprayen für die Zukunft

Beim Jugendgeschichtstag stellen Potsdamer ihre Arbeit über die Subkultur-Szene in der Stadt vor

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Um Mark Straeck und den kleinen Ausstellungsstand, den er mit seiner Forschergruppe betreut, drängen sich die Besucher beim Jugendgeschichtstag. Denn über die Graffitiszene in Potsdam erwartet man nicht eine historische Aufarbeitung. „Das ist nicht unbedingt ein Thema, welches im normalen Geschichtsunterricht in der Schule behandelt wird", meint der 35-jährige Straeck. Gerade deswegen war es umso reizvoller für die Jugendlichen. Denn schließlich hätten sie einen direkten Bezug dazu. „In der Schule wird Geschichte behandelt, welche so weit zurückliegt, dass es oft schwierig für junge Leute ist, einen Bezug dazu zu finden", so Straeck.

Insgesamt präsentierten 30 Brandenburger Jugendgruppen zum achten Jugendgeschichtstag am vergangenen Samstag die verschiedensten Ergebnisse ihrer Projektarbeiten im Kutschstall des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte - als Filme, Fotobände, Texte, Landkarten oder Spiele.

Am Potsdamer Projekt nahmen fünf Jugendliche des Jugendklubs j.w.d. Lindenpark teil. Am Samstag allerdings halten sie sich eher im Hintergrund. Eine Ausnahme machte der 19-jährige Max, der verriet, wie er vom Forschungsprojekt erfuhr: „Ich bin beim Chillen im Lindenpark von Mark Straeck auf das Projekt aufmerksam gemacht worden." Der j.w.d. Lindenpark hatte sich bereits letztes Jahr mit der Graffitiszene in den Jahren 1989 bis 1999 beschäftigt. Das jetzige Projekt ist eine Weiterführung der Forschung.

Ende Januar 2012 reichte Straeck, der als freier Künstler arbeitet, die Idee beim Programm „Zeitensprünge" ein, das von der staatlichen Stiftung Demokratische Jugend finanziert wird und wurde als eines der 31 Projekte ausgewählt, die mit je 1250 Euro unterstützt werden. Als Ergebnis ihrer Arbeit will die Gruppe Ende November ein Magazin veröffentlichen.

Das Potsdamer Team machte Orte ausfindig, an denen zwischen 1999 bis 2012 gesprayt wurde oder noch gesprayt wird. Die Jugendlichen durchstöberten das Internet und Archivmaterial nach ehemaligen Graffitimotiven in der Stadt und der Umgebung. Viele verschwanden im Laufe der Zeit durch die Sanierung der Gebäude. „So war es uns möglich, an Orte zurückzukehren, wo früher mal gesprayt wurde, und das damalige Stadtbild mit dem heutigen anhand von Fotos zu vergleichen", erklärt Straeck. Zudem wurden von den Projektteilnehmern sogenannte Old-School- bis Neuzeitsprayer ausfindig gemacht. Sie interviewten die Zeitzeugen zu der damaligen Szene. Um auch andere Blickwinkel einfließen zu lassen, sollten auch die Polizei, der Bundesgrenzschutz und die Deutsche Bahn über ihre Erfahrungen mit der Subkultur berichten. Die Überwachung in der Stadt sei gestiegen und die Toleranz für die Graffitiszene eher gesunken, so das Fazit von Straeck.

Anhand der Entwicklung der Graffiti-Subkultur ließe sich auch „sehr gut feststellen, wie enorm sich Potsdam seit der Wende verändert hat", fügt er hinzu. In den späten 1980er Jahren konnte sich die Graffitiszene in Potsdam noch mit der in Berlin messen. Durch das „Herausputzen“ der Stadt seien mehr und mehr Freiräume für die Graffitiszene verschwunden, erzählt Straeck. Jedoch entstünden derzeit wieder neue - diesmal kontrollierte: „Im Lindenpark haben wir neue Flächen geschaffen, die der Graffiti-Szene nun zur Verfügung stehen", so Straeck. So hat die Potsdamer Graffiti-Szene nicht nur eine Geschichte, sondern auch eine Zukunft. lst

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