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Potsdam-Mittelmark: Stadt darf nicht für ihre Bürger klagen

Teltower Bürgerinitiative will mit Brief an Bundeskanzlerin für Lärmschutz an Anhalter Bahn werben

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Teltow - Die Erfolgsaussichten einer Klage gegen die Planfeststellung Anhalter Bahn sind gering. Das stellt ein juristisches Gutachten fest, das die Stadt vor drei Monaten in Auftrag gab, um gegen den zu erwartenden Lärm der Anhalter Bahn vor dem Bundesverwaltungsgericht zu klagen (PNN berichteten). Damit wollte die Stadt vor allem die Anwohnerinitiative unterstützen, die sich seit Herbst letzten Jahres für Lärmschutzmaßnahmen entlang der Trasse Anhalter Bahn engagiert. Denn bisher gibt es entsprechende Schutzwände nur im Bereich der Parkstraße, doch auch Anwohner aus dem Musikerviertel, Sigridshorst und Teltow-Seehof fordern solche Maßnahmen, da sie ebenso vom Lärm der Züge betroffen sind, die ab 28. Mai über die Schienen rollen werden.

Auf der Sitzung der Stadtverordneten am Mittwoch erläuterte Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) in seinem Bericht, dass die Stadt laut Gutachten mit der Klage bereits an der Zulässigkeitshürde scheitern würde. Sie dürfe nicht stellvertretend für betroffene Bürger klagen. Außerdem sei nicht erkennbar, dass die Stadt in ihrer Planungshoheit beeinträchtigt worden sei, ebenso seien aus dem Planfeststellungsbeschluss von 1996 keine Fehler ersichtlich. Erst wenn sich herausstelle, dass die prognostizierte Anzahl der Züge (täglich 218) überschritten werde, hätten Anwohner Anspruch auf Schallschutzmaßnahmen.

„Betroffene Eigentümer können dann individuellen Anspruch auf Lärmschutz für ihre Grundstücke erheben, wenn der Lärm bestimmte Schwellenwerte überschreitet“, verwies Schmidt darauf, dass mit dem derzeitigen Betriebsprogramm der Bahn für 2006 die Anzahl der Züge kaum überschritten werde, sondern mit 150 bis 160 Zügen zu rechnen sei. Auch wenn die Dresdner Bahn vorübergehend umgeleitet werde, wären das höchstens 190 Züge und diese Zahl liege unter dem Prognosewert, so Schmidt.

Kern des Problems ist aber vor allem eine Rechtssprechung des Bundesverwaltungsgerichtes, das die Strecke nicht als Neubaustrecke bewertet, sondern davon ausgeht, dass die zweitälteste Bahnstrecke Deutschlands nur zeitweise unterbrochen wurde und deshalb von einer Wiederinbetriebnahme ausgegangen wird. Der Sigridshorster Rudi Meseke hat schon die Testzüge, die seit Montag auf dem Schienenabschnitt zwischen Lichterfelde Ost und Jüterbog fahren, gesichtet und festgestellt: „Die fahren so leise, da macht manches Auto mehr Lärm.“ Trotzdem will Meseke nicht ausschließen, dass die hohe Anzahl der Züge eine Beeinträchtigung sein könnte. Das befürchtet auch Susanne Abt von der Bürgerinitiative: „Bisher sind immer nur einzelne Züge vorbeigehuscht, aber wenn das aller vier Minuten geschieht, könnte das schon erheblich stören.“ Deshalb will sich die Initiative, die bereits rund 2000 Unterschriften sammelte, nicht damit abfinden, dass die Stadt nun Abstand von ihrer Klage genommen hat. „Allerdings werden wir nicht gegen die Bahn klagen“, sagte Susanne Abt den PNN.

Zurzeit werde ein Brief an Bundeskanzlerin Merkel vorbereitet. Hoffnung hege man, weil es Absicht der Bundesregierung sei, ein Lärmminderungsprogramm aufzulegen. „Wir erwarten, dass unser Problem gerechter bewertet wird, denn nur weil die Strecke bereits vorhanden war, müssen wir Lärm ertragen, dem an neuen Strecken mit Schallschutz begegnet wird. Aber theoretisch ist es doch der gleiche Lärm“, erklärte Abt. K. Graulich

K. Graulich

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