KulTOUR: Stammtisch mit Kuckucksuhr
Fast 25 Interessenten bei erstem Werderaner Autorentreffen des Kulturvereins / Nachfolgeveranstaltungen geplant
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Werder (Havel) - Ein Stammtisch muss nicht immer rund sein. Er kann auch mal die Form eines „neueröffneten Cafés“ annehmen, um all jenen Gast zu sein, die „Interesse am Schreiben und am Veröffentlichen haben, zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch“. So schrieb es Gaby Sikorski in der Einladung, also geschah es jüngst auf der Insel Werder. Das Café heißt „Kuckuck“, Flammkuchen mit Speck sind da zu haben, Badische Kartoffelsuppe, aber die wieselflinke Wirtin bietet am Tresen auch besonders feine Schokolade an. Natürlich gibt es hier auch eine Kuckucks“ Uhr, nur hielt ihr Sohn dieselbe an, damit der allererste „Erfahrungsaustausch“ nicht von eingetönten Lauten unterbrochen würde.
Fast 25 Interessenten waren dem Aufruf des Kulturvereins Inselstadt, dem Berliner Autorenbüro „Die Biographen“ und dem gleichfalls metropolen „MyStory Verlag“ gefolgt, welchen Gaby Sikorski zusammen mit Gatten führt. Manche hielten ihre Werke in Händen, einige kamen von Lehnin und Ferch heran, allen war große Erwartung ins Gesicht geschrieben.
Die Fachfrau für Film, Journalistik und „Autorenbetreuung“ weiß aus eigener Erfahrung von den Nöten der schreibenden Zunft. Punkt Eins ihres großen Planes: Interessenten, Verzagte und bereits erfolgreiche Jünger Merkurs (zuständig für Austausch und Schrift) auf der Insel zusammenzubringen, denn so einsam der Kampf um jeden Satz auch sein mag, so groß ist auch das Bedürfnis, sich mitzuteilen, und Hand aufs Herz: sind heute Kontakte nicht alles?
Der Autorenverlag „MyStory“ wäre allerdings überfordert, die zu erwartenden Manuskriptfluten aufzunehmen. Nicht dies ist mit dem Treffen gemeint, sondern: Viele wollen schreiben, die meisten trauen sich nicht, „man muss es einfach mal versucht haben!“. Eine Ermutigung also. Angesichts der Übermacht darstellender Künstler in Werder reicht der Plan noch weiter. Warum aus diesen Treffen nicht etwas aufzubauen, was es in Werder nicht gibt? Lesungen literarischen Charakters „zum Wohle der Einwohner“, wie ein Potsdamer sagen würde?
Die ausgestellten Bilder von Sebastian Kommerell in der Gaststube würden so eine Idee bestimmt ganz hübsch kontrakarieren. Auf der Insel sollte es in jedem Falle geschehen, meinte Gaby Sikorski, nicht anderswo. Nachdem die erfahrene Autorin dergestalt geredet und beinahe jedermann begrüßt hatte, erwartete alle, dass es mit dem literarischen Palaver endlich losginge, Namen und Werke vorgestellt oder für den ersten Abend wenigstens ein roter Faden bestimmt würde. Aber nichts dergleichen geschah.
Man sah sich an, man wartete ab, bis sich langsam Gesprächsgruppen formten. In „Selbsthilfe“ sozusagen, und plötzlich schwoll eine Wortflut auf, man hörte von „Kürzen“ und „Veröffentlichungsrechten“, einige erzählten die Geschichten ihrer Vorzeit, man wechselte die Tische, es war schon seltsam. Wie lange da miteinander geredet wurde, blieb unbekannt, der „gemütliche“ Abend war zugleich ein offener, einige gingen, andere kamen, voll war es immer, sehr voll.
Gaby Sikorski hatte wohl recht, diese Autoren, meist gestandene Semester mit Schreiberfahrung, sind tatsächlich ein ziemlich geselliges Völkchen. Sie finden, sich, sie reden miteinander. Wenn man auch noch die Jugend erreicht, könnte es etwas werden mit dem „Treffpunkt Literatur“ auf dem Werder. Das müsste, zum Kuckuck, doch zu machen sein. Das nächste Treffen findet im Januar statt.
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