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Tief gebohrt. Zwei Mitarbeiter einer Baufirma tragen am Montag im Wald bei Wilhelmshorst Schicht für Schicht die Erde ab.

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Potsdam-Mittelmark: Startschuss für Probebohrung

Zur Vorbereitung eines Wasserwerks wird bei Wilhelmshorst jetzt ein Versuchsbrunnen gebaut

Von Eva Schmid

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Michendorf - Zentimeter für Zentimeter dreht sich der schwere Bohrer in das Erdreich. Er bringt feuchten, sandigen Boden aus der Tiefe hervor. Im Kiefernwald nahe der Bundesstraße 2 bei Wilhelmshorst haben am gestrigen Montag die ersten Bohrungen für einen Versuchsbrunnen begonnen. Er soll Aufschluss darüber geben, wie viel der Bau eines eigenen Wasserwerks den Wasser- und Abwasserzweckverband „Mittelgraben“ kosten wird. Derzeit kommt das meiste Wasser für Michendorf und Nuthetal aus Potsdam, der Zehnjahresvertrag mit den Stadtwerken endet wie berichtet 2016. Vor allem in Michendorf ist man bisher unzufrieden mit den hohen Trinkwasserpreisen aus Potsdam. Das könnte sich nun ändern.

Der Versuchsbrunnen könnte der Startschuss für den Bau des Wasserwerkes sein. Noch bis zum morgigen Mittwoch wird bis zu 50 Meter tief gegraben, danach werde der Bohrkern untersucht, sagte MWA-Prokurist Thorsten Könnemann den PNN. „Dann wissen wir, in welcher Tiefe welches Material vorkommt und können den Bau des Versuchsbrunnens vorbereiten.“ Das bereits bestehende kleine Bohrloch werde erweitert, in die Tiefe würden Rohre verlegt und in das Grundwasser Filter eingebaut werden. „Danach kommt der Leistungspumpversuch“, so Könnemann. 72 Stunden lang werde Grundwasser an die Oberfläche befördert – hinterher wisse man mehr über die Wasserqualität und könne die Fördermenge abschätzen.

Mit ersten Ergebnissen rechnet Könnemann im Oktober. Die Entscheidung zum Wasserwerk soll in der Verbandsversammlung im November fallen. Der Zeitplan ist eng: Sollten die Verträge mit den Potsdamer Stadtwerken gekündigt werden, müsste Ende 2016 das eigene Wasserwerk stehen. Die Mittelmärkische Wasser- und Abwasser GmbH (MWA), der Geschäftsbesorger des Zweckverbandes, hat bereits eine europaweite Ausschreibung für die Planung des eigenen Wasserwerks gestartet. Ende September würden die Ergebnisse der Planungsbüros vorliegen. „Auch wenn die Entscheidung erst im November fällt, sollten wir noch im Oktober mit der Planung beginnen.“ Die anfallenden Kosten seien auch bei einem Nein zum Wasserwerk zu verkraften. „Die bis dahin angefallene Summe könnte mit den Planungkosten aus unserem Wirtschaftsplan für dieses Jahr verrechnet werden“, so Könnemann.

Ob die Verbandsversammlung noch in diesem Jahr über den Bau entscheiden wird, steht auf der Kippe. Nuthetals Rathauschefin Ute Hustig (Linke), die bisher fehlende Transparenz und den hohen Zeitdruck bei der Entscheidung kritisierte, hat wie berichtet einen neuen Vorschlag eingebracht. Bei einem Treffen mit Michendorfs Bürgermeister Reinhard Mirbach (CDU), der auch Verbandsvorsteher des Mittelgrabens ist, hatte sie jüngst angeregt, eine Vertragsverlängerung um zwei Jahre zu prüfen. Mirbach stimmte dem zu. Laut MWA sei bereits angefragt worden. Eine Antwort stehe noch aus, sagte Könnemann.

„Um verschiedene Varianten zu diskutieren, braucht man Zeit“, so Hustig. Sie bezweifelt nach wie vor, dass die Kosten bis zur Entscheidung im November gut aufbereitet werden und genug Zeit für Diskussionen bleibe. „Zeitdruck ist immer ein schlechter Berater.“ Auch Bürgermeister Mirbach bekräftigte am Montag, dass er nach der besten Möglichkeit zur Wasserversorgung suche. „Bisher ist ein eigenes Wasserwerk eine gute Option.“ Die Förderung von eigenem Trinkwasser mit vertretbarem Aufwand könnte funktionieren.

Einige Nuthetaler Vertreter der Verbandsversammlung sehen den Bau eines eigenen Wasserwerkes nach wie vor kritisch: „Man muss erst auf die Refinanzierung schauen, bevor man einen Versuchsbrunnen für 40 000 Euro baut“, sagte Werner Wienert (Linke). Läge die Bausumme tatsächlich bei den bisher geschätzten fünf Millionen Euro, „dann würden allein 45 Cent pro Kubikmeter anfallen, um den Kredit zu bedienen“. Hinzu kommen laut Wienert noch zehn Cent für die Wasserentnahme sowie rund 20 Cent betriebsbedingte Kosten. „Macht 75 Cent – die hat Potsdam auch angeboten.“ Zumindest habe Stadtwerkechef Wilfried Böhme auf einer Infoveranstaltung in Nuthetal der Zahl nicht widersprochen, sagt Wienert.

Wienert befürchtet auch Ärger mit den Behörden: „Es ist schon fast wahnsinnig, einen Versuchsbrunnen zu bauen, ohne überhaupt die Wasserentnahmegenehmigung zu haben.“ Laut MWA kann sie aber erst beantragt werden, wenn der Kauf des Grundstücks, auf dem das Wasserwerk errichtet wird, abgeschlossen ist sowie die ersten Pläne dafür vorliegen. „Daher ist es auch so wichtig, dass wir schon im Oktober mit der Planung beginnen.“ Während Könnemann von keinerlei Problemen mit der Oberen Wasserbehörde ausgeht, befürchtet wiederum der EWP-Chef, dass ihm das Wasser abgegraben werden könnte. Seinen Berechnungen zufolge gebe es zwischen dem geplanten Wasserwerk in Michendorf und dem nahegelegenen Potsdamer Brunnen in der Leipziger Straße Überschneidungen der Fließzonen.

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