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Potsdam-Mittelmark: „Statistik ist keine Mathematik“

Gezinkte Zahlen? In Schwielowsee glaubt man, dem Bürger soll von der Polizei ein falsches Sicherheitsgefühl vermittelt werden

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Schwielowsee / Werder (Havel) - Die Potsdamer Polizeiinspektion bedient sich bei ihrer Polizeistatistik inzwischen bei Aristoteles: „Anzumerken bleibt, dass es sich hier um Statistik und nicht um Mathematik handelt“, wie es am Ende einer Zahlenaufstellung zum Kriminalitätsgeschehen im Polizeirevier Werder heißt, um die die Gemeindevertretung Schwielowsee gebeten hatte. Dann wird aus der „Metaphysik“ des griechischen Philosophen zitiert: „Was bedeutet, dass die Summe aller Teile niemals ein Ganzes ergibt.“

In der Gemeindevertretung Schwielowsee hat es am Mittwochabend Kopfschütteln über den Umgang mit einer mathematischen Disziplin gegeben. Hier wächst inzwischen der Eindruck, dass mit gezinkten Karten gespielt wird. Maßgebliche Angaben, etwa wie oft es bei Unfällen innerorts und wie oft außerorts gekracht hat, konnte die Polizei auch vier Monate nach dem Jahreswechsel noch nicht vorlegen, außerdem gibt es offensichtliche Fehler bei den Einwohnerzahlen.

Er lese die Statistik „unter erheblichen Vorbehalten“, sagte der Vorsitzende der Gemeindevertretung, Roland Büchner, (Bürgerbündnis) mit Blick auf die jüngsten Veröffentlichungen über die Tricksereien des Polizeipräsidiums. „Das Papier entspricht in der Qualität nicht den Anforderungen, um als Gemeinde präventiv auf das Kriminalitätsgeschehen einwirken zu können“, so Büchner. Er bemängelte, dass entscheidende Sachverhalte mit dem Satz „wird nachgereicht“ abgehandelt werden.

Kritisch merkte er an, dass „die Polizei im Jahr 2014 noch nicht weiß, dass Schwielowsee eine Gemeinde und kein Amt ist“. Ähnlich äußerte sich der Fraktionschef des Bürgerbündnisses, Jörg Steinbach. „Wenn Geltow in der Statistik größer als Caputh ist, dann kann mit dem ganzen Bericht etwas nicht stimmen.“

Aus der Aufstellung für Schwielowsee und Werder geht hervor, dass die Kriminalität im vorigen Jahr mit 2240 Straftaten insgesamt leicht rückläufig war, in einigen Feldern wie Garten- und Kellereinbrüchen sowie Autodiebstählen jedoch teils massive Anstiege zu verzeichnen seien. In Firmen und Gaststätten sei 98 Mal eingebrochen worden, ein Anstieg von 35 Prozent. Die Aufklärungsquote ist demnach kaum gesunken und liegt bei 52 Prozent. Welche Anzeigen wie zusammengefasst wurden, geht aus der Statistik leider nicht hervor. Das Verkehrsunfallgeschehen ist den Zahlen zufolge unverändert.

In den vergangenen Jahren hatte die Gemeinde den Revierleiter zum Jahresbeginn eingeladen, um sich einen Überblick über das Kriminalitätsgeschehen zu verschaffen. Die Runden wurden als sinnlos empfunden, weil der Revierleiter vor der Bekanntgabe der Landeszahlen durch den Innenminister im März kaum Auskünfte geben durfte. Deshalb wurde in diesem Jahr erstmals für April um eine schriftliche Darlegung gebeten, die nun metaphysisch nach Sinn und Zweck des Seins fragen lässt. Gegenüber den PNN nannte es Roland Büchner „bedauerlich“, dass man überhaupt so verfahren muss. „Dass das Innenministerium die Statistik vor der Veröffentlichung gegenlesen muss, legt den Verdacht nahe, dass entscheidende Stellen geschwärzt werden.“ Wenn es nur um den Zeitpunkt der offiziellen Vorstellung ginge, könnte die Statistik ja auch im nichtöffentlichen Teil der Gemeindevertretersitzung dargelegt werden, sagte Büchner.

Er habe vielmehr den Eindruck, dass durch Tricksereien die schlechtere Besetzung der Polizeiwache Werder nach der Polizeireform kaschiert werden soll. Büchner: „Da soll dem Bürger ein falsches Sicherheitsgefühl vermittelt werden.“

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