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Feinsinnig. Heike Cybulski gestaltet Skulpturen aus Eisen und Stahl.

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KulTOUR: Stelen, Flex und Weltenwarnung

Himmel und Menschen zum Auftakt der 5. Caputher Kunsttour / Erstmals auch eine Station im Schloss

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Schwielowsee - So ein bisschen hatte man zum Auftakt am Wochenende den Eindruck, als sei Caputh auf dem Weg von der kleinen, schnuckeligen Kunsttour zum künstlerischen Massentourismus. Himmel und Menschen, Fahrräder und Mücken – auch renommierte Galeristen auf Pirsch wurden gesichtet. Keine Frage, da wächst etwas hoch, am Gmünd.

Nach der gemeinsamen Bilderausstellung in Petzows Schinkelkirche zeigt beispielsweise Heike Cybulski nun im Garten ihrer Gastgeberin Siegrid Müller Holtz sehr feinsinnige und auch schöne Skulpturen aus Eisen und Stahl. Das Material stammt aus den unverdaulichen Resten industrieller Fertigung. Dass ihre Arbeiten dennoch höchst feminin sind, verraten nicht nur Namen wie „Zenobia“ oder „Fabiola“, die ganze Figurensprache orientiert sich an weiblichen Symbolen – und das allein mit Flex und Schweißgerät. Trotzdem macht ohne Zutun der unsichtbaren Dame „Phantasie“ keiner Kunst aus Eisen. Chapeau.

Gleich in der Nachbarschaft, und nur von der Uferpromenade aus zu erreichen, hat der Holzbildhauer Andreas Borgmeier sein Freiluft-Atelier aufgebaut. Es ist der urwüchsige Garten der Familie Wascher, wo es nach gebranntem Holz riecht und die Fichten noch in ihrem besten Safte stehen. Bunte Figuren, Stelen, an denen man genauso wenig vorübergehen sollte wie am Atelier von Sabine Kahle-Wendrock beim Krähenberg. Während sie mit Temperament und Gastfreundschaft in ihrem Keller-Atelier schöne, manchmal zu stille Landschaftspastelle aus Capuths Umgebung präsentiert, hat ihr Gast, der Holzskulpturator Mario Mannhaupt, im Garten geisterhaft-verschwommene Figürlinge aufgepflanzt – sicher nicht das Beste seiner Hände.

Während man unten, bei „elisabeth am see“ auch in diesem Jahr den Eindruck gewann, dass hier nur urbaner Zeitgeschmack bedient werden wollte, war bei Melanie Haape in der „Kunstremise am Schloss“ mal wieder Hochbetrieb. Was der Bildhauer Jan Skuin da Open air ausstellte, ist glatt historisch zu nennen: Eine Doppelstele eng aneinander geschmiegter Stahlträger etwa mit dem Titel „Deutsch-deutsches Paar“ von 1992. Na, so doll ist die Liebe noch heute nicht. Einer der Innenräume ist in Pariser Blau getaucht, weil es der Malerin Christiane Hochbaum eben gefiel, hier eine ganze Serie wild bewegter Bilder auszustellen: Himmel Blau, Wasser Blau, irgendwo dahinter Potsdam, oder Neu York. Nicht schlecht, sie hat ja auch eine ganz eigene Art, mit Besuchern ins Gespräch zu kommen...

Endlich beteiligt sich nun auch das Kurfürstliche Schloss an der Tour. Man sprach überall davon, was es im Seitenflügel zu sehen gäbe: Geheimnisvolle Arbeiten aus selbstgeschöpftem Papier und verschiedenen Naturmaterialien meist botanischer Art von hohem Schauwert, wie Jutta Barth das nur hinbekommt – und die ästhetisch sehr anspruchsvollen, von allen Sorgen um den Erhalt der Welt getragenen Bilder der Potsdamer Malerin Birgit Borggrebe. Nach und mit dem „Grunderlebnis Fukushima“ sind bei ihr längst schon Wölfe in der Stadt, und manch rote Spur zieht sich über ein Bild, Fäden wie Blut. Wie unabgeschlossen ihre Sujets sind, kann man an den Freiflächen der Bilder ablesen. Trotzdem ist alles mit einer so leichten Hand gemalt.

Mag auch die bewährte Formel „Künstler aus Nah und Fern“ bei der fünften Kunsttour nicht ganz aufgehen, so ist doch jeder Atelierbesuch im leicht obstipaten Caputh immer lohnend, selbst wenn dieser oder jener Gastkünstler sich ziemlich muffelig gibt.

Zur zweiten Runde der Kunsttour wird am kommenden Wochenende, dem 27./28. August eingeladen. Viele der insgesamt 20 Künstler an elf Standorten erwarten auch am morgigen Mittwoch Gäste. Infós unter www.kunsttour-caputh.de

Gerold Paul

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