Potsdam-Mittelmark: Stillstand statt Verkauf Stahnsdorf will die Villa in der Ruhlsdorfer Straße 1 nicht verkaufen. Doch ein Plan für die Zukunft fehlt
Stahnsdorf - Es gab Verwirrung nach der Sitzung des Gemeindeparlaments am Donnerstag im Stahnsdorfer Rathaus. Da ging es in einem Tagesordnungspunkt wieder um das Schicksal der Villa in der Ruhlsdorfer Straße 1.
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Stahnsdorf - Es gab Verwirrung nach der Sitzung des Gemeindeparlaments am Donnerstag im Stahnsdorfer Rathaus. Da ging es in einem Tagesordnungspunkt wieder um das Schicksal der Villa in der Ruhlsdorfer Straße 1. Selbst Bürgermeister Bernd Albers (BfB) vergewisserte sich anschließend noch einmal in der Verwaltung, ehe er das Ergebnis kundtat: „Die Villa wird nicht verkauft, an gar niemanden“.
Neben dem Landkreis Potsdam-Mittelmark, der dort die Kreisvolkshochschule etablieren wollte, interessiert sich auch eine Künstlergruppe um Frauke Schmidt-Theilig für das Haus, um es als Kulturstätte auszubauen. Aber auch der Berliner Immobilienmakler Klaus Mayer, der bereits zwei angrenzende Grundstücke besitzt, wollte das Gebäude als Seniorenwohnungen umbauen. Alle drei Interessenten hatten bereits Kaufangebote abgegeben. Bürgermeister Albers favorisiert eine öffentliche Nutzung, konkret die Kreisvolkshochschule. Gegenüber den PNN sagte er nach der Sitzung: „Es ist schade für Stahnsdorf, dass die Kreisvolkshochschule sich nun im Ort nicht ansiedelt“.
Seit Herbst 2016 wird in Stahnsdorf über das Schicksal der Pardemann-Villa diskutiert und gestritten, nachdem die letzten Mieter im September aus der gemeindeeigenen Immobilie ausgezogen waren. Das Haus gegenüber dem Hamburger Hof sei ortsbildprägend und dürfe daher nicht abgerissen werden, befand eine Mehrheit der Gemeindevertreter in der Septembersitzung. Zuvor war bekannt geworden, dass der Landkreis einen Neubau plane, da eine Sanierung zu teuer werde.
Das Kaufangebot der Künstlergruppe belaufe sich dagegen auf 131 000 Euro und somit 1000 Euro mehr als das Angebot des Landkreises, stellte Dietmar Otto (SPD) in der Sitzung am Donnerstag klar. Außerdem bliebe die Fassade des Objektes erhalten. „Wir würden mit der Vergabe an die Künstler die kulturelle Szene im Ort unterstützen“, so Otto. Ähnlich sieht es auch Harald Mushack (Linke), der sich gegen einen Verkauf an den Landkreis aussprach: „Denn der Landkreis will nur kaufen, weil nun das Nachbargrundstück auf dem Markt ist“.
Ein weiterer Vorschlag kam von der CDU-Fraktion, die das Grundstück lieber der gemeindeeigenen Wohnungsgesellschaft (WoGeS) übereignen möchte. Peter Weiß (CDU) hatte schon mal durchgerechnet, dass die Aufwendungen für eine Sanierung durch spätere Mieteinnahmen wieder reinkämen. „In fünfzehn Jahren hat sich das dann amortisiert“, glaubt Weiß. Doch das sahen die anderen Fraktionen kritisch, da die dafür notwendige finanzielle Situation der Gesellschaft nicht klar sei. Zudem zweifelten einige Gemeindevertreter daran, ob das bisherige Gutachten den tatsächlichen Wert der Immobilie abbilde und forderten ein neues Wertgutachten, das den „echten Wert“ ermittle, den sie weitaus höher einschätzen als 120 000 Euro.
Die von vielen als Fabrikantenvilla bezeichnete Immobilie ist indes über 100 Jahre alt und wurde 1910 vom Landwirt Albert Pardemann für seinen Sohn errichtet. Der sollte möglicherweise mit dem Mietshaus eine sichere Einnahmequelle erben. Einen Fabrikanten jedoch gab es in der Familie nicht, wie der Heimatverein recherchiert hatte, ebenso habe sich kein Fabrikant in Stahnsdorf niedergelassen. Das Geld für den Hausbau könnte aus Erlösen von Wald oder Ackerland stammen, das Stahnsdorfer Bauern Anfang des letzten Jahrhunderts an die Kirche verkauften, die später darauf den Südwestkirchhof errichtete.
Klar ist, dass der erneute Stillstand in Sachen Villa zunehmend zum weiteren Verfall des Gebäudes beiträgt, nur die Bodenrichtwerte werden steigen.
Kirsten Graulich
Kirsten Graulich
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