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Potsdam-Mittelmark: Stolpersteine in Teltow

Auch hier soll das Kunstprojekt an das Schicksal einstiger jüdischer Mitbürger erinnern

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Teltow - Sie sind klein, aber nicht zu übersehen: die messingfarbenen Stolpersteine, von denen bereits über 12 500 in 277 deutschen Orten verlegt wurden. Mit jedem Stein wird einem Opfer der Nationalsozialisten wieder ein kleiner Platz am einstigen Wohnort zurückgegeben. Wie bereits Kleinmachnow sollte sich nun auch Teltow an der Aktion „Stolpersteine“ des Künstlers Gunter Demnig beteiligen, regte Teltows Parlamentschef Rolf-Dieter Bornschein (SPD) in der Sitzung des Sozialausschusses am Montag an.

Voraussetzung zum Verlegen von Stolpersteinen ist ein Beschluss der Stadtverordneten. Der öffentlichen Hand entstehen keine Kosten, da das Projekt ausschließlich über Patenschaften und Spenden finanziert wird. 95 Euro kostet ein Stolperstein mit Messinghaube, auf der Name und Daten des Opfers eingraviert werden.

Kontakt hat Bornschein bereits mit dem Kleinmachnower Diakon Martin Bindemann aufgenommen, der ihm von der mühevollen Quellen-Recherche berichtete, der sich die Junge Gemeinde der Evangelischen Kirche Kleinmachnow und der Heimatverein seit über zwei Jahren widmen (PNN berichteten). Positive Signale für das Projekt erhielt Bornschein kürzlich von der Teltower Mühlendorf-Oberschule, die sich im Rahmen einer Projektarbeit beteiligen will. Neben Recherchen in Archiven wollen die Schüler vor allem Zeitzeugen in der eigenen Familie und im Bekanntenkreis befragen. Solche Erinnerungen wären eine wertvolle Quelle, da viele Akten des Teltower Stadtarchivs aus der NS-Zeit in den Kriegsjahren durch Brände vernichtet wurden.

Insbesondere ein Ereignis von 1938 hat sich ins Gedächtnis der Teltower eingegraben. So kamen viele Schulkinder am Morgen nach der so genannten „Reichskristallnacht“ aufgewühlt zum Unterricht. Denn was sie auf ihrem Schulweg, der sie an der Andreaskirche vorbeiführte, sahen, war für sie unfassbar. „Da lagen Scherben, Kartons und Schuhe auf der Berliner Straße vor dem Schuhgeschäft herum“, erinnert sich Sieglinde Pommer gegenüber PNN. Sie erinnert sich auch, dass einige Teltower sich sogleich eifrig an den herumliegenden Waren bedienten. Eine andere damalige Schülerin weiß noch, dass ein Herr Baum Inhaber des Schuhgeschäftes war und an diesem Morgen jemand mit roter Ölfarbe vor dem Laden eine Linie gezogen und in großen Druckbuchstaben „Jude“ auf den Bürgersteig gepinselt hatte.

Den PNN sagte Rolf-Dieter Bornschein: „Ich bin mir klar darüber, dass diese Erinnerungsarbeit an die NS-Zeit nicht einfach wird.“ Aber es sei auch ein Teil Teltower Geschichte und die Namen der Opfer, die einst in dieser Stadt lebten, dürfen nicht in Vergessenheit geraten, so Bornschein.

Kirsten Graulich

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