
© Andreas Klaer
Potsdam-Mittelmark: Streitfall Blütentherme
Baufirmen beklagen schleppende oder ganz ausbleibende Zahlungen, während die Kryos AG Forderungen als unberechtigt und erpresserisch zurückweist. Gestern ist ein Streit eskaliert.
Stand:
Werder (Havel) - Es hätte eine gute Nachricht sein können: Die Gerüste an Werders Blütentherme fallen! Doch die Demontage am Dienstag ist der vorläufige Höhepunkt eines Streits um unbezahlte Rechnungen, Mahnschreiben und Zahlungsrückstände. Die von verschiedenen Seiten kritisierte Zahlungsmoral der mit dem Thermenbau beauftragten Kryos AG aus Ludwigsfelde ließ die Auseinandersetzung mit der Gerüstbaufirma Scheffler gestern eskalieren.
Kryos als Generalunternehmer des Projektes ließ von einem Bautrupp die Gerüste demontieren, nachdem die Gerüstbaufirma sich geweigert hatte, die Baustelle zu räumen, bevor offene Rechnungen in fünfstelliger Höhe beglichen sind. Gleichzeitig ließ Kryos von einer anderen Firma neue Gerüste aufbauen. Seit anderthalb Jahren war die Scheffler GmbH auf der Baustelle tätig, die Zahlungen seien von Beginn an schleppend gewesen, so Geschäftsführer Roland Scheffler. Leistungen seien seit dem Sommer nur noch gegen Vorkasse erbracht worden seien. Als schließlich keine Buchungen mehr zu registrieren gewesen sein sollen, habe man die Arbeiten eingestellt.
Die Kryos weist auf PNN-Anfrage die Anschuldigungen zurück. Es habe wegen falsch markierter und aufgebauter Gerüste vom Landesamtes für Arbeitsschutz fünf oder sechs Baustopps gegeben, so Kryos-Geschäftsführer Gerd Bittermann, der dazu gestern einen Bescheid vorlegen konnte. „Wir sind keine Engel und es kann in einer Beschleunigungsphase auch mal eine Rechnung liegen bleiben.“ Bei einem bisherigen Bauvolumen von 16 oder 17 Millionen Euro gehe es aber um minimale Beträge.
Er wolle sich, gerade weil das Projekt eng kalkuliert ist, öffentliche Gelder verbaut werden und man bis Ostern fertig werden wolle, nicht zu unberechtigten Forderungen erpressen lassen, so Bittermann. Das betreffe auch den Fall der BZR aus Michendorf. Das Recyclingunternehmen hat der Kryos für eine Baustraße und den Parkplatzunterbau nach eigenen Angaben fast 3000 Tonnen Betonrecycling geliefert und warte seit der Rechnungslegung am 5. Juli auf die Bezahlung einer fünfstelligen Summe.
„Wir haben nie eine Information bekommen, dass der Betrag strittig ist. Es wurde einfach nicht gezahlt“, so BZR-Geschäftsführer Dietmar Buchholz. Nach mehreren erfolglosen Kontaktversuchen und der Einschaltung eines Inkassodienstleisters habe man schließlich einen Rechtsanwalt bitten müssen, das Geld einzutreiben. „Gegebenenfalls werden wir die Insolvenz für die Kryos AG beantragen“, so Buchholz. Er sieht auch die Stadt Werder in der Verantwortung für regionale Unternehmen.
Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform aus Neuss gibt der Kryos AG Ludwigsfelde keine guten Noten: In einer Skala von 100 bis 600 steht das Unternehmen bei 500, Geschäftsverbindungen gelten als riskant. Zwei andere Unternehmer berichteten gegenüber den PNN, dass nach ausbleibenden Zahlungen der Rechtsweg am Ende immerhin erfolgreich gewesen sei. „Das war ein zähes Ringen“, sagte einer. Bei einem Generalunternehmer, der an mehreren Standorten für die deutschlandweit wirkende Kristall Bäder AG mit dem Bau von Thermen beschäftigt ist, habe man eine so schleppende Abwicklung nicht erwartet. In dem anderen Fall wartet der Unternehmer noch auf die Erstattung der Anwaltskosten.
Was die Gerüstbaufirma Scheffler aus Werder angeht, hat die Kryos AG auf die Mahnungen mit der Kündigung des Vertrages regiert und die Gerüstbauer aufgefordert, die Baustelle bis Ende November zu verlassen. Die Gerüste würden den Baufortschritt behindern. Der Antrag der Firma auf einstweilige Verfügung, die Gerüste stehen lassen zu dürfen, wurde vom Amtsgericht Potsdam abgelehnt.
Während der Bautrupp gestern die Gerüste demontierte, rief das Unternehmen aus Sorge um ihr Eigentum die Polizei. Zweimal rückten die Beamten an, hielten sich aber zurück: Der Streit sei eine zivilrechtliche Auseinandersetzung. Inzwischen hat die Firma Scheffler Hausverbot auf der Baustelle. Zu einem vereinbarten Termin soll sie sich ihr Material abholen.
Dass das Landesamt für Arbeitsschutz mal etwas zu monieren hat, sei auf großen Bauplätzen nicht ungewöhnlich, räumt Geschäftsführer Scheffler ein. Man habe kurzfristig darauf reagiert. „Das berechtigt die Kryos nicht dazu, mehrere Zehntausend Euro zurückzuhalten.“ Scheffler fühlt sich veräppelt und auch er appelliert an die moralische Verantwortung der Stadt Werder gegenüber regionalen Firmen. Doch seien alle Versuche, mit der Stadt zu kommunizieren, gescheitert. Sie sehe sich nicht als Vertragspartner für am Bau beteiligte Firmen.
Entsprechend reagierte das Rathaus gestern auf eine Presseanfrage: Dass Vertragsverhältnis zwischen der Kristall Bäder AG als Bauherr und künftigen Betreiber und der Stadt werde ordnungsgemäß abgewickelt, sagte Cathleen Schönbrunn, die für Bürgermeister Werner Große (CDU) das städtische Großprojekt managt. „Die Gelder werden nach nachgewiesenem Baufortschrift fristgerecht gezahlt.“ Vertragsverhältnisse zwischen der Stadt und Nachunternehmern der Kristall Bäder AG würden nicht bestehen. Die Kristall Bäder AG könne zu berechtigten oder unberechtigten Forderungen Auskunft erteilen. Die immerhin ist bei der Creditreform nach PNN-Informationen mit einer 224 im grünen Bereich.
Der Aufsichtsratschef der Kristall Bäder AG, Heinz Steinhart, versicherte gestern, dass kein Geld für den Thermenbau in schwarzen Kassen verschwindet. Rechnungen der Kryos würden augenblicklich nach Baufortschritt und einem festen Zahlungsplan bezahlt. „Wenn wir das nicht sofort von der Stadt Werder bekommen, gehen wir sogar in Vorleistung.“ Kryos-Geschäftsführer Bittermann, mit dem er seit zehn Jahren beim Bau neuer Bäder zusammenarbeite, genieße sein volles Vertrauen. Bittermann sitzt im Vorstand der Kristall Bäder AG.
Die Bonität der Kryos würde ihn nur insoweit interessieren, dass sie zahlungsfähig ist, sagte Steinhart. „Wenn ich aber von berechtigten Forderungen von Unternehmen erfahren würde, die die Kryos nicht bezahlt, dann würde das die Kristall Bäder AG übernehmen.“ Was die Beschwerden darüber angeht, gebe es „immer mal wieder welche, die uns erpressen wollen“. Steinhart verweist darauf, dass die Firma Scheffler beim Amtsgericht „nicht gelandet“ sei. „Das sagt doch alles.“ Roland Scheffler sieht das anders: Das Gerichtsurteil bleibe abzuwarten.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: