Potsdam-Mittelmark: Strenge Regeln statt Dolce Vita
Eine Anzeige führte zum Baustopp für das „Castello di Roma“ – das hat Folgen
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Teltow - Seine Vielseitigkeit hat Marcus Marsollek schon vor 20 Jahren unter Beweis gestellt. Im Modernen Fünfkampf schaffte es der Berliner 1988 bis zu den Olympischen Spielen nach Seoul. Inzwischen ist Marsollek Diplomarchitekt und Bausachverständiger – doch seine Ausdauer- und Gefechtsqualitäten sind noch immer gefragt. Konkret ficht er gegenwärtig einen Disput in Teltow aus, wo er seinen Traum vom eigenen Hotel verwirklichen will. „Castello di Roma“ soll es heißen. Doch statt Dolce Vita gibt es derzeit bitteren Behördenkrieg. Die mittelmärkische Bauaufsicht hat das Projekt gestoppt, seit mehr als zwei Wochen ruht der Bau.
Begonnen hatte es mit einem Gerücht, schließlich mit einer Anzeige, die bei der Baupolizei einging: In der Lichterfelder Allee 86 entstehe ein Bordell, soll jemand aus der Nachbarschaft gemeldet haben. Und weil es keinen Antrag auf Nutzungsänderung der Immobilie gab, ließ die Bauaufsicht die Arbeiten stoppen.
Der Baustopp traf Marsollek völlig unvermittelt. Er habe keine Erklärung, wie man auf die Idee komme, er wolle ein Bordell eröffnen. Nur weil er mit einem schicken Auto vor die Baustellle fahre? Aus Neid? Der Bauaufsicht habe er versichert, dass er aus dem alten Haus ein Hotel machen wolle, genauso, wie er es bereits in der Baubeschreibung erklärt hatte. Er hat sogar eine eidesstattliche Erklärung verfasst, in der er versichert, „dass ein Hotel im antiken italienischen Stil mit Wein- und Pastabar geplant ist“. Dafür hatte er im Vorfeld den Standort auf seine Hotel-Tauglichkeit geprüft und für gut befunden. Er hat sich bei der Industrie- und Handelskammer und beim Hotel- und Gaststättenverband versichert, dass ein Hotel in dieser Lage durchaus eine sinnvolle Investition sei. Er hat bereits Möbel im Rokoko- und Barockstil bestellt, mediterrane Farben ausgesucht, ebenso Pinien- und Sesamhölzer und Bordüren in antiker Optik. Schwierigkeiten, das gibt Marsollek zu, hatte er lediglich zu definieren, ob es sich bei dem Vorhaben um einen Neubau, um eine Renovierung oder eine Nutzungsänderung handelt. In den 1930er wurde das Haus bereits als Hotel genutzt, auch zu DDR-Zeiten diente der Dreigeschosser als Herberge, später als Wohnhaus und nach der Wende kurzzeitig als Kindertagesstätte. Dann stand es einige Jahre leer, bis es Marsollek im vergangenen September von den Eigentümern kaufte.
Laut Marsollek habe selbst die Genehmigungsbehörde nicht definieren können, ob es sich bei den Arbeiten um einen Neubau mit geänderter Nutzung oder eine Renovierung handele und ihm daher empfohlen: „Bauen Sie erstmal los.“ Selbst als das Amt ihm den Baustopp schickte, habe man die laufenden Arbeiten – Trockenlegungen, Putz- und Malertätigkeiten – als genehmigungsfrei bewertet und die Zwangspause mit dem fehlenden Umnutzungsantrag begründet.
Dass die Baubehörde Marsollek quasi einen Persilschein ausgestellt habe, kann sich Landkreis-Sprecherin Andrea Metzler nicht vorstellen. Sie bestätigt, dass die Anzeige den Baustopp ausgelöst habe. Doch unabhängig davon müsse der Bauherr einen Umnutzungsantrag stellen. Dies sei nach der zwischenzeitlichen Nutzung als Wohnhaus und Kita sowie den späteren Leerstand notwendig. Zudem verlange ein Hotel ein spezielles Brandschutzkonzept, was noch nicht vorliege. Zwei bis drei Monate, so Metzler, werde es dauern, bis die Anträge bearbeitet sind.
Statt südländischer Leichtigkeit also strenge deutsche Regeln – mit Folgen: Maler- und Trockenbauunternehmer, die Marsollek engagiert hat und die dafür andere Aufträge ablehnten, drohen bereits mit Schadensersatzansprüchen. „Die Einbußen gefährden die Existenz“, beschreibt ein Handwerker die Konsequenz der Zwangspause. „Sie sind nicht nachvollziehbar“, beschwert sich ein anderer. Und für Marsollek zerschlägt sich der Traum, im Frühjahr sein eigenes, lang ersehntes Hotel zu eröffnen.
1989 schrieb er die Arbeit für sein Architekturdiplom über die Planung eines Hotels. Der Praxistest fordert den einstigen Fünfkämpfer auf allen Ebenen.
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