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Potsdam-Mittelmark: Studenten aus Harvard in Kleinmachnow A-capella-Gruppe singt in Internationaler Schule
Kleinmachnow - Ein kurzer Blick in die Runde, die Tenöre und Bässe legen los. Beim tiefen Luftholen spannen die gebügelten Hemden bedenklich im Brustbereich.
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Kleinmachnow - Ein kurzer Blick in die Runde, die Tenöre und Bässe legen los. Beim tiefen Luftholen spannen die gebügelten Hemden bedenklich im Brustbereich. Schwungvoll schnalzen die Studenten aus Harvard mit den Fingern, ihre Füße wippen im Takt eines Evergreens: „Just stop and take a little time out with me – oh just take five, just take five“, singt ein junger Mann mit Pathos. In den 60er-Jahren war das Stück ein Welthit.
Harvards Traditions-Ensemble, die „Krokodiloes“, haben am Freitag Kleinmachnow die Ehre gegeben. In Anzug und Krawatte sangen sie vor Schülern der Internationalen Schule. Die Kinder und Jugendlichen waren begeistert von der Show der 18 bis 22 Jahre alten Studenten, trotz ihres feinen Aufzuges. Die Sänger der amerikanischen Eliteuniversität sangen schon für Ella Fitzgerald, Julia Roberts und die Prinzessinnen von Monaco.
Von Swing, Rock’n’Roll-Songs aus den 60er-Jahren bis amerikanischer Jazz – gesungen werden an diesem Nachmittag in Kleinmachnow Hits von damals. Manchmal wird es aktueller: Dann mischen die Sänger die Melodie des Actionstreifens „Mission Impossible“ in die bekannten Songs. Statt stramm und ernst auf der Bühne zu stehen, schwingen die Studenten synchron ihre Arme oder nehmen sich Huckepack.
Musizieren mit Humor – das geht seit Jahrzehnten so: 1946 hatten sich die ersten Studenten aus Harvard zusammengefunden bei einem Bier in der Studententheatergesellschaft, dem „Hasty Pudding Club“. Dort gab es ein ausgestopftes Krokodil, das die jungen Männer mit steigendem Alkoholgenuss immer mehr begeisterte – der Name war gefunden. Das Logo der Gruppe ziert denn auch ein Reptil im Bierglas.
Wer es in die A-capella-Gruppe schafft, muss gut sein. Pro Jahr würden sich 60 Studenten bewerben, zwölf werden aufgenommen. Pro Tag wird zwei Stunden geübt. Wer mit seiner Stimme überzeugt, darf als Belohnung um die Welt reisen. Im Sommer geht es drei Monate auf Tournee. Auch im Winter machen sich die Krokodile auf Reisen, zurzeit sind sie in Berlin.
Kurz bevor sich der amerikanische Botschafter am Freitagabend ihre Gesangskünste anhörte, sind die Studenten spontan in der Internationalen Schule vorbeigekommen. Der Kontakt kam über die Schulpsychologin zustande, die einen Ehemaligen aus der Sängergruppe kennt. Er überredete die Jungs, die vor den Schülern zu Hochform auflaufen.
Auf der Bühne zu stehen und zu singen ist für die Studenten mehr als Entspannung: „Es hat etwas Therapeutisches“, sagt der 22-jährige Ben Marek. Es hilft beim Abschalten vom stressigen Uni-Alltag und hat noch einen netten Nebeneffekt: Wenn Frauen die feinen Stimmen hören, schmelzen sie dahin. Zum Valentinstag sind die „Krokodiloes“ ausgebucht. Mit den geliehenen Stimmen wollen verliebte Jungs die Herzen ihrer Liebsten erobern. Eva Schmid
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