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Krafttraining. Besonders für Familien ist es derzeit schwer, die Stufen der Eisenbahnbrücke zu erklimmen. Eine neue Havelquerung mit langen, flachen Rampen könnte hier Abhilfe schaffen und mehr Menschen zum Radeln animieren.

© Renate Kaiser-Swoboda

Potsdam-Mittelmark: Stufenlos über die Havel

Linke will neue Fuß- und Radwegbrücke von Potsdam nach Werder. Sie soll Pendler auf das Fahrrad locken und so den Autoverkehr entlasten

Von Enrico Bellin

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Werder (Havel) - Radfahrer brauchen nicht nur starke Beinmuskeln. Manchmal ist auch ein großer Bizeps nötig, um ans Ziel zu kommen. So muss jeder, der von Potsdam in den Werderaner Norden will, sein Rad insgesamt 50 Stufen hoch- und wieder heruntertragen, um auf einem schmalen Steg entlang der Eisenbahnbrücke die Havel zu überqueren.

Dadurch hat auch Manfred Swoboda aus Wildpark-West sein tägliches Training, wenn er zum Werderaner Bahnhof muss. Deshalb kam ihm wie berichtet bereits vor Jahren eine Idee, die nun neuen Anschub erhält: Eine eigene Brücke für Fußgänger und Radfahrer neben der bestehenden Bahnbrücke. Das Projekt stellte er am gestrigen Dienstag vor Ort der Umweltministerin Anita Tack (Linke) sowie anderen Linke-Politikern vor. „Als die Bahnbrücke in den 70er-Jahren erneuert wurde, hat man daneben gleich Fundamente für eine weitere Brücke zur möglichen Verlängerung der S-Bahn gebaut.“ Wie Swoboda von der Bahn erfuhr, werden diese nicht mehr gebraucht und könnten für eine Radlerbrücke genutzt werden. Nur ein Fundament im Wasser müsste noch begründet werden. Auf ihm könnte zusätzlich an der Brücke eine Aussichtsplattform angebracht werden. Eine von Swoboda beauftragte Planungsfirma schätzt die Baukosten auf rund zwei Millionen Euro.

Dazu kämen Kosten für die Auf- und Abfahrten zur Brücke. Da neben den Gleisen Platz ist, könnte der Rad- und Fußweg schon frühzeitig mit geringer Steigung auf das Höhenniveau der Brücke geführt werden und so eine steile Treppen überflüssig machen. „Gerade für Familien mit kleinen Kindern oder für ältere Leute sind die Treppen ein echtes Hindernis“, so Swoboda.

Auch wenn die Pläne in Werder schon mehrfach diskutiert wurden, sind sie in Potsdam noch recht unbekannt. So habe die Ministerin bisher noch nichts vom Vorhaben gehört. „Das Wegenetz muss hier geschlossen werden, dafür müssten die Verwaltungen der anliegenden Kommunen zusammenarbeiten“, so Tack. Das Problem: Die neue Brücke stünde zu beiden Seiten auf Potsdamer Territorium. Hauptnutzer wären aber wohl Werderaner und Bewohner des zu Schwielowsee gehörenden Wildpark- West. Tack wolle sich in Potsdam für den Bau starkmachen und mit dem Baubeigeordneten Matthias Klipp (Grüne) Chancen ausloten. „Die Zeit ist jetzt günstig für solche Projekte“, sagte Tack. Schließlich stünden Wahlen an, was die Erwartungshaltung an Politiker erhöhe.

Sascha Krämer, Direktkandidat der Linken zur Landtagswahl in Werder, sieht derzeit weitere Weichen für den Brückenschlag gestellt: Potsdams Bürgermeister Jann Jakobs (SPD) wolle ja eine engere Zusammenarbeit mit dem Landkreis beim Nahverkehr. „Zu den Hauptverkehrszeiten sind aber Züge, Busse und Straßen voll.“ Deshalb müsse sich auch Potsdam für die neue Havelquerung einsetzen, um mehr Pendler auf das Fahrrad zu bringen.

Potsdam hat bereits eine Machbarkeitsstudie zu Schnellradwegen erarbeitet, die auch die Verbindung nach Werder einschließt. Konkrete Umsetzungsvorschläge aus den Rathäusern gibt es aber bis dato nicht. Bis Ende April wolle sich die Umweltministerin nun mit dem Baubeigeordneten abgesprochen haben, die Werderaner Linken-Vorsitzende Renate Vehlow will bis dahin auch bei der Werderaner Verwaltung um Unterstützung werben. Unklar war gestern, wie man Schwielowsee weiter in die Planung einbindet.

Sollten sich alle Beteiligten für die Brücke aussprechen, gebe es mehrere Finanzierungswege. Da ein europäischer Wanderweg über den derzeit schmalen Steg entlang der Bahnbrücke führt, könne man Anita Tack zufolge bei der EU um verschiedene Fördermittel werben. Auch das Land könnte einen Teil übernehmen. Schließlich würde die Brücke den Tourismus und die Wirtschaft stärken, da auch die nahen Havelauen mit der Blütentherme besser an das Umland angebunden würden. Enrico Bellin

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