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Von Henry Klix: „Suchet der Stadt bestes “

Bürgermeisterkandidaten von Schwielowsee trafen in evangelischem Gemeindehaus Caputh aufeinander

Stand:

Schwielowsee - Ein Bürgermeister-Kandidatenforum mit dem Brief des Propheten Jeremia an die Israeliten im babylonischen Exil einzuleiten, ist gewagt. Pfarrer Hans-Georg Baaske tat es am Donnerstagabend trotzdem. Mit dem 2600 Jahre alten Bibelzitat konnten dann wohl alle leben, schließlich hatte die Caputher evangelische Kirchengemeinde zur Runde eingeladen. „Suchet der Stadt bestes und betet für sie, denn wenn’s ihr wohl gut geht, dann geht’s auch euch wohl.“ (Jeremia 29,1-14)

Rund 150 Bürger waren zu der Veranstaltung am Donnerstagabend im Saal des Gemeindehauses angereist und mussten auch auf den Flur ausweichen, um die drei Kandidaten für die Wahl am 24. Oktober live zu erleben. Amtsinhaberin Kerstin Hoppe (CDU) hat, wie sich zeigte, mit dem Kandidaten des Bürgerbündnis Schwielowsee, Roland Büchner, einen schlagfertigen Kontrahenten bei der Wahl. Und auch Claudia Tittel, Kandidatin von SPD und Offensive Schwielowsee, schlug sich trotz bissiger Bürgerfragen wacker durch den Abend.

Tittel erklärte ihr Wahlprogramm zum „radikalsten“ und kündigte für den Fall ihrer Wahl einen „ökologischen Masterplan“ mit allen wichtigen kommunalpolitischen Themen an. Schwielowsee fehle eine sozial verantwortliche, ökologische Alternative, „und ich glaube, ich bin es“. „Sozial verantwortlich bedeutet, vor allem in Kinder zu investieren, an Behinderte und Senioren zu denken.“ Sie forderte zudem eine Debatte mit den Bürgern in der Gemeindevertretung, was die radikalste ihrer Forderungen sein dürfte.

Kerstin Hoppe warb in der Runde um Kontinuität. „Acht Jahre sind schnell vergangen, damals gab es noch gar keine Gemeinde Schwielowsee“, erinnerte sie an die schwierige Gemeindefusion. Veranstaltungen wie der Fahrradsonntag und das Fährfest seien identitätsstiftend gewesen. Es sei viel erreicht worden und die Gemeinde sei durch die kulturellen Aktivitäten bekannt geworden. Sie wolle auch in Zukunft Sachpolitik betreiben und weiterführen, was sie begonnen habe, sagte Hoppe. „Die oberste Maxime lautet, die finanziellen Gestaltungsspielräume zu erhalten.“ Nur dann könnten Schulen, Kitas und Infrastruktur weiterentwickelt werden.

Roland Büchner stellte sich als „Mann der Tat“ dar. Er betonte, dass sein Bürgerbündnis als stärkste Kraft in der Gemeindevertretung einen wesentlichen Anteil an den Erfolgen der achtjährigen Amtszeit Hoppes habe. Dennoch müsste sich vieles ändern, manches vielleicht schneller gehen. Senioren bräuchten zum Beispiel keine Dampferfahrten mit der Bürgermeisterin, sondern glatte Gehwege und Handläufe. Als Schwerpunkt seines Wahlprogramms beschrieb er Soziales, Kitas und Schulen und die Vorbereitung auf den demografischen Wandel.

Geltower Bürger waren am Donnerstagabend gut vertreten: Viele fragten, wie es mit dem Bau des Vereinszentrums Am Grashorn weitergehen wird? Kerstin Hoppe erklärte, dass mit dem Sozialtrakt und dem Jugendklub die ersten Neubauten stehen. Inzwischen seien auch die Fördermittel für den hinfälligen Kopfbau der Kegelbahn zugesagt. Sie machte jedoch deutlich, dass sich ein Investitionsvolumen von 1,8 Millionen Euro nicht auf einen Schlag umsetzen ließe. Währenddessen erklärte Büchner, das Vereinszentrum zur Chefsache zu machen. „Für vieles wurde das Geld rausgeschmissen, wir hätten in Geltow längst fertig sein können.“ Für ihn ist das Projekt ein Beitrag, die Lebensbedingungen in den drei Ortsteilen anzugleichen. Auch Claudia Tittel befand das Geltow Vereinszentrum für „ganz wichtig“ und will sich dafür einsetzen.

Tittel musste sich besonders zur Caputher Gewächshausbrache befragen lassen: Ihre Bürgerfonds KG hatte sich auch finanziell in das ausstehende Bauprojekt eingebracht und einen Hamburger Investor vergrätzt. Sie betonte, dass auch sie den von vielen Caputher gewollten zweiten Supermarkt wünsche, aber „integriert in ein gutes, städtebauliches Konzept“. Dies sei mit den Hamburger Planungen mit 43 Wohneinheiten und Einkaufszentrum á la Werder nicht gegeben gewesen. „Wir sind in einer Kulturlandschaft, das wollen wir auch bleiben“, sagte Tittel. Büchner knüpfte an die Entwicklung der Caputher Mitte drei Bedingungen: eine zweite Kita, ein Supermarkt und betreute Wohnformen für Senioren müssten hier mit unterkommen. Die Kandidaten hatten an diesem Abend mit den Bürgerfragen harte Nüsse zu knacken. Stilistische Varianten offenbarten sich, als eine ältere Caputherin aus dem Spitzbubenweg fragte, ob nicht ein Briefkasten beim Edeka installiert werden könnte. Sie laufe mit dem Stock 40 Minuten, um die Post einzuwerfen. Kandidatin Hoppe erklärte, dass sie seit Jahren mit der Post über mehr Briefkastenstandorte verhandele – und dennoch fürchten muss, dass weitere abgebaut werden. „Es wird einfach weniger auf Papier geschrieben.“ Roland Büchner versprach derweil scherzend, im Fall seiner Wahl die Post bei der Dame selbst abzuholen. „Oder sie bitten ihren Postboten.“

Auch Moderator Pfarrer Baaske standen nach zweieinhalb Stunden die Schweißperlen auf der Stirn. Am Ende gab er noch ein Münsteraner Stoßgebet von 1883 zum Besten, das irgendwie gut zum Abend passte: „Herr, setze dem Überfluss Grenzen und lasse die Grenzen überflüssig werden “

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