KulTOUR: Tanzende Kopfweiden
Sabine Breithor stellt ihre Fotografien im SPD-Bürgerbüro Michendorf vor
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Michendorf - Unter Fotografen gibt es die, die Fotografie „finden“ und jene, die sie „erfinden“. Sabine Breithor zählt sich zu den Findern. Mit wachen Augen durchstreift sie die Welt vor ihrer Haustür und fixierte in der märkischen Landschaft Bilder von reiner Poesie. Die Besucher, die kürzlich zur Ausstellungseröffnung „Märkische Dörfer“ ins SPD-Bürgerbüro in Michendorf kamen, hatten ihr näheres Umfeld so noch nie betrachtet, wie den Kommentaren zu entnehmen war.
Im Gegensatz zur Hektik des Autoverkehrs, der wenige Meter hinter dem Ladenfenster vorbei jagt, erzählen die Schwarzweiß-Fotografien von Orten, in denen es keine Eile zu geben scheint. Der Puls senkt sich, wenn das Auge in den Landschaften mit knotigen Wurzelbäumen und stillen Seen spazieren geht. Man meint fast, das Rascheln der Laubblätter zu hören, die wie ein Teppich den Seddiner See umrahmen, und die Bank davor wird zum Fixpunkt der eigenen Sehnsucht. Im Wechsel der Jahreszeiten legt sich Schnee wie ein Tuch über die Landschaft und bringt sie zum Leuchten.
Auf manchen Fotos scheint die Bewegung der Natur nur im Moment des Kameraklicks inne zu halten, beispielsweise bei den Kopfweiden, die aussehen als würden sie tanzen. Oder die Efeugirlande, die sich schwungvoll zum Stallfenster emporgearbeitet hat – ein Flirt mitten im Frost. Auf einem anderen Foto ein vom Wind gerissenes Blatt, dass sich an einem Zaun festklammert. Daneben Bilder von Wasserflächen, in denen sich Pappeln spiegeln, die sich geben wie eine am Ufer exerzierende Garde.
„Landschaft meiner Liebe“ lautete bereits der Titel der ersten Fotoausstellung von Sabine Breithor 1998 in Wildenbruch. Sechs Jahre zuvor entdeckte die Keramikerin auf einer Reise durch Norwegen ihre fotografische Leidenschaft mit der Kamera, Marke „Canon“. Seither ist die Kamera ständiger Begleiter und statt Farbe bevorzugt die Fotografin zunehmend die mittlere Tonigkeit zwischen Schwarz und Weiß. Während die wenigsten Fotografen heute noch Bilder von Hand entwickeln, trotzte sie dem Computerzeitalter und richtete sich ein eigenes Labor ein.
Die griechische Übersetzung für das Wort „Fotografie“ bedeutet soviel wie „Lichtschrift“ und trifft auf ihre Arbeiten in besonderer Weise zu. Stimmungsvolle Lichtwechsel zeigen auch ihre Arbeiten zum Foto-Gedichtband „Langsam dreht sich das Jahr ins Licht“, der zum 100. Geburtstag des Dichters Peter Huchel vom Märkischen Verlag herausgebracht wurde. Huchels lyrische Landschaften ergänzt die Fotografin 40 Jahre später, indem sie mit der Kamera das „Licht beschreibt“: Da zeichnen frisch gefallene Schneeflocken das Muster eines Fischernetzes nach, und ein Schilfblatt scheint auf der harschen Schneedecke eingeschlafen zu sein.
Nicht festlegen will sich Sabine Breithor bei der Frage, ob sie sich eher als Fotografin oder Keramikerin verstehe, denn auch dafür gibt es zu Hause ein Atelier, in dem sie keramische Einzelstücke und Kleinserien fertigt. Beide Arbeitsfelder würden sich ergänzen und ineinander fließen. Immer sei es die aktuelle Arbeit, der sie ihre ganze Aufmerksamkeit widme. „Vielleicht habe ich auch das Glück, mir mit meiner Arbeit die Leichtigkeit zu erhalten, die notwendig ist, um künstlerisch arbeiten zu können“, sagt die Michendorferin. Mit ihrem Ehemann, Pfarrer Uwe Breithor, erwarb sie 2002 den alten Stall eines Vierseitenhofes in Langerwisch, der in mühsamer Kleinarbeit sanierte wurde.
Das SPD-Bürgerbüro befindet sich in der Potsdamer Straße 55. Die Ausstellung läuft bis Ende Mai und ist geöffnet Montag, Donnerstag und Freitag von 9 bis 13 und Dienstag von 13 bis 18 Uhr.
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