zum Hauptinhalt
Widerspruch? In Teltow wurde eine Straße nach Max-Sabersky benannt.

© Andreas Klaer

Potsdam-Mittelmark: Teltow will weiter klagen

Die Stadt setzt im Sabersky-Rechtsstreit um die Rückübertragung jüdischen Eigentums weiter auf ein Gerichtsverfahren, benötigt dafür aber mehr Geld als gedacht

Stand:

Teltow – In dem seit Jahren andauernden Streit um die Rückübertragung jüdischen Eigentums in Teltow-Seehof will die Stadt weiter auf eine Lösung vor Gericht setzen. Am morgigen Mittwoch können die Stadtverordneten einer entsprechenden Beschlussvorlage zustimmen, mit der mehr Geld für die anhängigen Verfahren zur Verfügung gestellt werden soll. In der jüngsten Finanzausschusssitzung empfahlen die Stadtverordneten bereits einstimmig, auf das Konto für Gerichtskosten weitere 60 000 Euro einzuzahlen.

Eingestellt waren für das aktuelle Haushaltsjahr 100 000 Euro. Vier Monate vor Jahresende wurden aber bereits 108 001,02 Euro ausgegeben, ein Teil davon für Lärmschutz-Klagen. Demnach schlug das von der Stadt geführte Verfahren gegen die Flugrouten am Großflughafen Schönefeld mit rund 9 000 Euro und das gegen die geplante Betonbrecheranlage in Ruhlsdorf mit rund 20 000 Euro zu Buche. Fast die Hälfte des Etats, etwa 45 000 Euro, fielen für das vermögensrechtliche Verfahren zu den Ansprüchen der jüdischen Erbengemeinschaft Sabersky an.

Um in dem Gerichtsstreit nicht plötzlich ohne Geld dazustehen, will die Stadt den Stand des Gerichtskontos erhöhen. Wie es in der Beschlussvorlage heißt, werde in den nächsten Wochen ein Urteil erwartet, gegen das die Stadt gegebenenfalls Rechtsmittel einlegen will. Das Potsdamer Verwaltungsgericht habe schon in der Verhandlung im April durchblicken lassen, dass es die Klage der Stadt abweisen werde. Sie richtet sich gegen die Rückgabe zweier Grünflächen.

Der Wert der vier Hektar großen Grundstücke an der Lichterfelder Allee wird auf einen zweistelligen Millionenbetrag geschätzt. Die Stadt will sie als Grünland erhalten, die Erben wollen sie teilweise bebauen. Aus Sicht der Kommune handelt es sich dabei um eine Fläche für öffentliche Zwecke, die die einstigen Besitzer Max und Albert Sabersky an die Stadt abgetreten hatten, um Baurecht zu erhalten. Der Vertrag dazu war 1934 zustande gekommen. Seinerzeit hatte sich die Familie Sabersky entschlossen, ihr insgesamt 84 Hektar großes Landgut in Seehof zu parzellieren. Um Baurecht auf dem Acker zu erhalten, war es üblich, ein Viertel der Fläche für öffentliche Zwecke unentgeltlich abzutreten. Aus Sicht der Erbengemeinschaft Valerie und Peter Sonnenthal sind daraus aber über 30 Prozent geworden. Sie vermuten einen Zwangsverkauf, zudem seien statt für drei Bebauungsblöcke nur Baurecht für zwei gewährt worden.

Ob der Verfolgungsdruck auf die jüdischen Eigentümer schon bei der Machtergreifung der Nazis einsetzte oder erst nach 1935, beschäftigt seit fast 20 Jahren Gutachter und Gerichte. Insgesamt waren nach der Wende rund 1000 Grundstücke in Seehof betroffen. Einzelne wurden zurückgegeben, viele der heutigen Eigentümer haben sich außergerichtlich geeinigt. Offen ist noch der Streit um das Grünareal. Bei bisherigen Rechtsprechungen galten die Verkaufspreise der Grundstücke bis 1935 als angemessen.

Im Rahmen des Teltower Stolpersteinprojektes wurde aber deutlich, dass die Repressionen in Teltow schon sehr früh begannen und die Nationalsozialisten Druck ausübten. Schon vor Jahren hatte das Gericht an die Stadt appelliert, auf die Klage zu verzichten und stattdessen eine Bebauung des Waldes mit planungsrechtlichen Mitteln zu verhindern.

Das ist bisher nicht passiert, auch eine außergerichtliche Einigung der Parteien auf einen Vergleich kam nicht zustande. Vielmehr will die Stadt das zu erwartende Urteil mit einer Nichtzulassungsbeschwerde angreifen, um so eine Entscheidung in nächster Instanz herbeizuführen. Ob das Bundesverwaltungsgericht entscheiden wird, scheint fraglich. Bereits dreimal hat es eine Entscheidung des Potsdamer Gerichtes aufgehoben und zurückverwiesen.

Kirsten Graulich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })