Potsdam-Mittelmark: Teltows Sorgenfalte
Die Nutzung und Sanierung der Altstadt – ein andauernder Spagat zwischen Wollen und Können
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Die Nutzung und Sanierung der Altstadt – ein andauernder Spagat zwischen Wollen und Können Teltow - Für zehn Jahre kostete ein billiges Handy 300 Mark. Die Sommerolympiade fand in Antlanta statt. Vor einem Jahrzehnt hieß Teltows damaliger Bauamtsleiter Gerd Hannemann. Der sagte in einem PNN-Interview, dass für die Sanierung der Altstadt „zur Zeit konkrete Vorschläge für eine Nutzung erarbeitet werden“. Nur ein paar Tage später schmiedete der von der Stadt beauftragte Treuhänder „complan“ in einer Planungswerkstatt „Perspektiven für Teltow“. 2004 ist man in Teltow kaum einen Schritt weiter. Selbst ein aufwändig inszenierter Architektenwettbewerb vor drei Jahren konnte nichts ändern an der Ratlosigkeit der Stadtväter, was mit dem historischen Kleinod anzufangen ist. Begleitet vom erhobenen Finger der Denkmalpflege und vom ständigen Ruf Gewerbetreibender, die Altstadt endlich zu beleben, vergehen die Jahre ohne konkretes Handeln. „Es passiert doch etwas“, versucht der Sanierungsträger „complan“ nicht alles schwarz zu zeichnen. Doch archäologische Untersuchungen zeichnen lediglich die Vergangenheit der Altstadt. Ihre Zukunft steht in den Sternen. Inzwischen haben sich die Kosten für eine Sanierung der Kuppelmayrschen Siedlung – Herzstück des in seiner Schönheit noch zu erahnenden Altstadt-Ensembles - auf 8,6 Millionen Euro geschraubt. Zu viel für die CDU-Fraktion, so dass sie am Mittwoch im Stadtparlament die Rücknahme aller Beschlüsse forderte, die bislang für die Kuppelmayrsche Siedlung getroffen wurden. Zu den wichtigsten Festlegungen zählt bislang, dass die städtische Verwaltung, Bibliothek und Seniorenklub in der Siedlung ihren Platz finden und in den diesjährigen Haushaltsetat nachträglich 4,8 Millionen Euro eingestellt werden sollen. Den Christdemokraten ist das eine Nummer zu groß. Auch wenn die Sanierung eines unter Denkmalschutz stehenden Ensembles teuer ist, seien die veranschlagten 3900 Euro je Quadratmeter zu viel, befindet der CDU-Stadtverordnete Florian Lewens. Gebe man 8,6 Millionen Euro für die Altstadt aus, seien notwendige Investionen an Schulen, Kitas und Straßen kaum noch zu bezahlen. „Wie sollten wir das erklären, ohne zu erröten?“ Sorgenfalten haben nicht nur die Christdemokraten. Schon als der Finanzausschuss im Vormonat die Verpflichtungsermächtigungen in Höhe von 4,8 Millionen Euro beschloss, durchlitten etliche Abgeordnete eine Zerreissprobe. Der Spagat, Teltows finanziellen Spielräume nichts aufs Spiel zu setzen, anderseits nicht zum Totengräber der Altstadt zu werden, ließ den SPD-Fraktionschef Berndt Längrich gar um überirdischen Beistand flehen: „Ich wünschte, es fiele eine Lösung vom Himmel.“ Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD) quälten die Bauchschmerzen so sehr, dass er am Dienstagabend kurzum den Beirat einberief, in dem sich die Aktivisten des städtischen Lebens außerhalb des Stadtparlamentes Gedanken um die Altstadt machen. Dort fanden die Bedenken, dass eine teure Altstadt der Kommune die Luft nimmt, durchaus Gehör. Bibliothek und Seniorenklub, so das Ergebnis der Zusammenkunft, könnten durchaus zur Disposition gestellt werden. Die CDU-Fraktion hat sich diese Anregung schnell zu eigen gemacht und in ihren Antrag für die Parlamentssitzung eingefügt. Sie forderten nunmehr neben der Rücknahme aller bisherigen Beschlüsse, dass der Bürgermeister ein alternatives Nutzungskonzept vorlegt, in dem auf eine Bibliothek verzichtet wird, der Seniorenklub an anderer Stelle sein Domizil erhält und das Raumkonzept für bislang 80 Rathausmitarbeiter auf ein Minimum beschränkt wird. Zudem sollte die Nordspange an die Altstadt angeschlossen werden, um diese aus ihrer Isolation zu befreien. Und der Ruhlsdorfer Platz soll zum attraktiven Tor zum historischen Stadtkern gestaltet werden. Möglicherweise hätten die Christdemokraten ausreichend Zuspruch bekommen – „Der Antrag ist diskussionsfähig“, attestierte der in Sachen Stadtfinanzen äußerst versierte PDS-Abgeordnete Karsten Schuldt. Doch zum einen fand es seine Fraktionskollegin Gisela Greiner „unfair und stillos“, dass die CDU sich mit den Hinweisen des Altstadt-Beirates schmücken wolle. Zum anderen versäumte es die CDU-Fraktion auf den Vorschlag einzugehen, ihren Antrag zunächst im Fachausschuss für Bau beraten zu lassen. Die Quittung: ihr Vorstoß wurde abgeblockt. Doch bleibt die CDU hartnäckig. Schon gestern hat Lewens den Antrag – um Einiges erweitert – im Parlamentsbüro abgegeben. „Dass die Altstadt saniert werden muss, ist Konsens“, meint er, „strittig ist der Weg“. Lange streiten kann man sich nicht mehr, soll die marode Bausubstanz nicht völlig zerbröckeln. „Ge- und zerredet wurde genug,“, animiert daher FDP-Fraktionschef Hans-Peter Goetz zu Taten. Die CDU wird dabei von keinem geringeren als von ihrem Landeschef in die Pflicht genommen. Schließlich meinte Jörg Schönbohm jüngst bei einem Besuch – vom Dissens nichts ahnend: „Ich freue mich wirklich, dass die Altstadt Struktur annimmt!“ Peter Könnicke
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