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KulTOUR: Teure Geschenke, nichts im Herzen
Uraufführung von „Schöne Bescherung“ in Werders Comédie Soleil
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Werder (Havel) - Und wenn es nun doch der Weihnachtsmann war, der zur Tür zwar herein-, dort aber nicht mehr herausging, gleichwohl er spurlos verschwand? Oder einer aus seinem Team? Mysteriös ist diese „Schöne Bescherung“ von Julian Tyrasa in jedem Fall, unerklärlich ihr Ende: Ein Lichtblitz, Dunkelheit – weg ist er. Nur aus der Ferne noch hört man dieses tiefe „Ho, ho, ho, ho, ich bin der Weihnachtsmann!“. So fängt Julian Tyrasas selbst geschriebene Komödie zum Fest in Werders „Comédie Soleil“ auch an.
Constantin von Schwenkow sitzt lustlos in seiner Nobelwohnung herum, nippt am 1800 Euro teuren Whiskey, bis es klingelt. Ehe er sich versieht, steht der Weihnachtsmann im Raum, lässt sich nicht mehr vertreiben, schließlich hat er eine Pistole. Er fesselt Constantin an den Sessel und behauptet, kein Räuber zu sein. Im Gegenteil, er wolle etwas bringen. Nun entspinnt sich ein Disput, wie er (teils) auch unter linken Brüdern geführt werden könnte, über das Wesen des Reichtums und soziale Gerechtigkeit. Dabei ist auch er ein Freund guter Getränke.
Nun schneit Henriette, die Dame des Hauses, herein. Sie kommt gerade vom Shopping, um den gutbetuchten Freunden auch gutbetuchte Geschenke schenken zu können. Man lässt sich ja in der gehobenen Gesellschaft schließlich nichts schenken! Man muss nicht mehr betonen, dass dieses Ehepaar zu den Standesgemäßen gehört. Genau hier setzt der erstaunlich gut informierte Weihnachtsmann mit seiner seltsamen Gebe-Strategie an.
Teure Geschenke, aber nichts im Herzen, amerikanische Jubelbrause im Radio, aber keine traditionellen Weihnachtslieder. Dazu auch noch die falschen, eben teure Freunde! In zwei Dreiviertelstunden entfaltet der Regisseur Julian Tyrasa ohne viel Federlesens, was er mit „Schöne Bescherung“ geschrieben hat. Eine leicht sentimentale Komödie zum Fest, ein erfrischender Appellativ an die verhärteten Herzen der Menschen, ein kurzes, aber wirkungsvolles Drei-Personen-Stück, in toto ein Plädoyer für echte Weihnachten. Und eine Uraufführung dazu.
Den Weihnachtsmann gibt Romeo Riemer in einer etwas groben, aber glaubhaften Art. Das traditionelle Kostüm in Weiß-Rot ist Pflicht, doch auch ohne Hut und Rauschebart erkennt ihn keiner, was den armen Kerl doch sehr wundert.
Die elegante Blondine Henriette anfangs superschrill und dominant, denn Constantin war ja ein Nichts, bevor er in die gehobenen Kreise einheiratete und in die Chefetage eines Chemiegiganten kam. Keine zu schwere Aufgabe für Karoline Hugler. Konstantin (Gerhard Gutberlet) kommt so gemütlich daher wie Familienvater Willie aus der TV-Serie „Alf“, ein friedseliger Kerl, den die Argumente des bewaffneten Weihnachtsmannes rascher überzeugen als die Dame des Hauses. Eine blässliche Rolle.
Der Rotbekleidete zwingt die beiden, echte Weihnachtslieder zu singen, er bindet sie los, ein hübsches Geplauder entsteht. Rein regietechnisch ist da noch viel Luft, besonders in Bezug auf die Drehpunkte. Beim leidigen Thema „Untertext“ auch. Zuletzt, man ahnt es, ist der kalte Bann im Herzen der Reichen gebrochen, man nimmt sogar wieder Kontakt zu den Parias der Familie auf.
Henriette verliert ihren schrillen Ton, alle haben sich lieb. So wirkungsvoll kann ein „Ho, ho!“ sein, kommt es nur aus der richtigen Kehle. Guter Besuch am Samstag, auch das sieht man gern. Der Rest der Geschichte wird natürlich nicht verraten, es wäre auch schade drum. Gerold Paul
weitere Vorstellungen 12. und 13. Dezember, 19.30, und 13. 12., 17 Uhr, Eisenbahnstraße 210
Gerold Paul
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