Aus dem GERICHTSSAAL: Teurer Wadentritt
Jahrelange Nachbarschaftsfehde eskalierte
Stand:
Werder - Paul P.* (68) hätte sich, seinem Kontrahenten und dem Gericht viel Zeit und Peinlichkeit erspart, wenn er den Strafbefehl über 1200 Euro akzeptiert hätte. Auch den ihm angebotenen Täter-Opfer-Ausgleich schlug der Werderaner aus. Eine Entschuldigung für sein Tun will ihm einfach nicht über die Lippen. So kam es zur Hauptverhandlung. Paul P. – pensionierter Bauingenieur – soll seinem Nachbarn Ernst E.* (63) nach einer Kontroverse um die Wässerung dessen Rasens heimtückisch gegen die Wade getreten haben. Der Angeklagte – bereits rechtskräftig verurteilt wegen gefährlicher Körperverletzung an der Gattin seines Widerparts – bestreitet dies vehement. Amtsrichterin Constanze Rammoser-Bode glaubt den Zeugen, verdonnert den kampflustigen Rentner zu einer Geldstrafe, die der Höhe des Strafbefehls entspricht. „So verhalten sich Schulkinder, aber keine erwachsenen Männer“, rügt sie kopfschüttelnd.
„Mein Nachbar wässert seinen Rasen immer dann, wenn ich auf dem Weg zwischen unseren Grundstücken entlang laufen muss. Dabei stellt er den Sprenger absichtlich so ein, dass ich nass werde“, erzählt Paul P. aufgebracht. „So war es auch am 11. September vorigen Jahres.“ Absichtlich getreten habe er Ernst E. nicht, als der ihm auf dem schmalen Pfad entgegenkam, ihm dabei „seinen Alkoholdunst ins Gesicht blies.“ „Es kann aber sein, dass ich ihn zufällig berührt habe“, räumt der wegen Körperverletzung Angeklagte ein.
Ernst E. tritt im Prozess als Nebenkläger auf. Plastisch schildert der Diplomgärtner im Ruhestand die jahrelang schwelende Fehde zwischen Paul P., ihm sowie den anderen vier Eigentümern der Wohnanlage. „Mit dem will keiner etwas zu tun haben. Wir grüßen ihn auch nicht mehr“, erzählt er triumphierend. Am Tag des Vorfalls habe er sich mit einem Bekannten unterhalten, als Paul P. seinen Garten betrat und den Wasserhahn zudrehte. „Ich machte den Hahn wieder auf. Da stellte er sich auf den Schlauch.“ Wenig später habe er ihn kräftig gegen die Wade getreten. „Die war geschwollen und tat drei Tage lang weh.“ (Ein entsprechendes Attest befindet sich in der Akte.) Der Verteidiger von Paul P. will es konkret wissen. „Wie genau hat er das angestellt?“, hakt er nach. Ernst E. hat langsam die Nase voll. „Herr Anwalt, warum löchern Sie mir?“, fragt er unwillig.
Dieter D.* (41), in den Zeugenstand gerufener Bekannter des Opfers, kann Abhilfe schaffen. „Der Angeklagte hat sich zuerst drohend vor Ernst E. aufgebaut. Der beachtete ihn allerdings nicht und ging an ihm vorbei. Da trat Paul P. ihm kräftig von hinten gegen das Bein.“
„Sie haben noch ein paar Jährchen vor sich, in denen Sie ruhig in Ihren Gärten sitzen möchten. Können Sie sich nicht einmal aussprechen?“ regt die Vorsitzende an. Paul P. blickt grimmig. Sein Nachbar Ernst E. meint, dies sei unmöglich und kündigt an, man werde sich bestimmt bald wieder vor Gericht sehen. (*Namen geändert.) Hoga
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