Von Ute Kaupke: Tradition oder Verlust
In Bergholz-Rehbrücke wird im neuen Jahr um den Erhalt der Königsbrücke gerungen
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Nuthetal – Im neuen Jahr könnten in Bergholz-Rehbrücke endlich Nägel mit Köpfen für die Königsbrücke gemacht werden. Vorerst sind 20 000 Euro für die marode, seit 2004 gesperrte Nuthe-Überquerung als „Notfallsumme“ im Haushalt vorgesehen, der noch abgesegnet werden muss. Eine Entscheidung über Sanierung, Abriss oder Ersatz der einst für Naherholung und Landwirtschaft gebauten Brücke gibt es von der Nuthetaler Gemeindevertretung aber noch nicht. Der Vorsitzende des Ortsentwicklungsausschusses, Rainer vom Lehn, weiß, „dass das eine schwere Entscheidung wird“.
Derzeit steht die Brücke im „rechtlichen Nirvana“. Das 1999 gestartete Bodenordnungsverfahren auf Potsdamer Seite der Nuthe könnte 2010 endlich seinen Abschluss finden. Es war für das Ausgleichsprojekt Renaturierung der Drewitzer Nuthewiesen durch den Filmpark Babelsberg nötig geworden. Wanderwege sind im „Wege- und Gewässerplan“ aber überraschenderweise nicht enthalten. Dafür hätten die Eigentümer „kein Interesse gezeigt“, erklärte Joachim Schneidewind vom Brandenburgischen Landesamt für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung gegenüber PNN. Einer der Eigentümer ist Landwirt Olaf Killat. Die Brücke ruht einseitig auf seinem privaten Grund. Er wie auch die Gemeinde Nuthetal haben im Verfahren Mitspracherecht. „Unser Wunsch ist eine vernünftige Wegeverbindung“ sagte Nuthetals Bauamtsleiter Torsten Zado auf PNN-Anfrage, „doch der Wunsch ist das eine, die Realität das Andere.“ Das Thema ist kompliziert. Rehbrücke sei Schilda, sagen Bürger seit Jahren im Ort. Denn im Prinzip sei 1994 eine private Viehbrücke mit Steuergeldern gebaut worden. Hier eine Bestandsaufnahme.
Seit der ersten Nutheregulierung im 18. Jahrhundert gibt es am Ende der Richard-Kuckuck-Straße eine Brücke. Der König soll die Brücke gespendet haben, zum Dank erhielt sie ihren Namen, erzählt Olaf Killat. Seine Familie betreibt hier seit Jahrhunderten Landwirtschaft. Am Potsdamer Ufer der Nuthe gab es bis in die 60er Jahre das Gartenlokal Burgklause. 2006 fiel der Rest der leerstehenden Gebäude vermutlich einer Brandstiftung zum Opfer. Die Badeanstalt daneben war schon 1933/34 aufgegeben worden. Wegen Baufälligkeit musste die 1949 errichtete Königsbrücke im Jahr 1988 abgerissen werden. 1990 beschloss der Gemeinderat Bergholz-Rehbrücke eine neue Brücke zu errichten. Am 3. Oktober 1994 wurde vom damaligen Bergholz-Rehbrücker Bürgermeister Hans-Joachim Christ und Potsdams Oberbürgermeister Horst Gramlich mit viel Pomp das Bauwerk freigegeben. 600 000 D-Mark Gemeindefinanzen und 300 000 D-Mark Fördergeld für den landwirtschaftlichen Wegebau waren geflossen. Die Bindefrist der Fördergelder ist 2007 ausgelaufen, die Sorge um Rückforderung des Landes besteht nicht mehr. Große Hoffnungen hegte die ortsansässige Arbeitsgruppe der Lokalen Agenda 21, mit Hilfe der Brücke Rundwanderwege vervollständigen zu können. deshalb schlug man der Kommune wiederholt vor, im Rahmen des Bodenordnungsverfahrens Wanderwege zu beantragen. Die Nuthewiesen gehören zum Landschaftsschutzgebiet „Nuthetal – Beelitzer Sander“, der Fontane-Wanderweg quert offiziell die Königsbrücke.
Dann begann der Ärger. Rudi Hommel von der Agenda-Gruppe beklagte 1999, dass zwar ein Wanderwegenetz beschlossen sei, altgewohnte Wege, die einbezogen werden sollten, jedoch verschwänden. Landwirt Killat hatte seine Koppeln dicht gemacht. 2002 wurden für Reparatur und Neuanstrich der Königsbrücke 15 000 Euro eingesetzt. Im Mai 2004 wurde sie, zehn Jahre nach Errichtung, wegen akuter Einsturzgefahr gesperrt. Ein Sonderausschuss „Königsbrücke“ wurde von den Gemeindevertretern gebildet, ein Gutachten erstellt. Das dokumentierte starke Fäulnis an der tragenden Fachwerkkonstruktion sowie im Fahr- und Gehwegbereich. Planungsfehler, falsches Material, unterlassene regelmäßige Prüfung, mangelhafte Schutz- und Wartungsmaßnahmen aber auch zu schweres Befahren mit landwirtschaftlichem Gerät und „chemische Verschmutzung durch tierische Ausscheidungen“ wurden als Ursache erkannt. Der Poller, der das Befahren mit schwerer Technik verhindern sollte, fehlte eines Tages. Die geschätzten 70 000 Euro für eine Instandhaltung waren nicht da. Hinderungsgrund für die Investition waren auch die unklaren Wegeverhältnisse auf Potsdams Seite.
„Nur weil dort Leute langlaufen, sind meine Kuhtreibewege noch keine Wanderwege“, erklärte Landwirt Olaf Killat jetzt gegenüber PNN. Die habe er wegen der Umstellung auf Kälberzucht zur Koppel werden lassen, sie wurden von ihm nicht mehr gebraucht. Toleranz wird von seiner Seite nicht zu erwarten sein – in der Vergangenheit habe man bereits Hunde auf seine Kälber gehetzt, erzählt er. Deshalb werde er auch klagen, sollte der Tierschutzverein Potsdam und Umgebung e.V. seinen kürzlich bekannt gewordenen Plan umsetzen wollen, auf dem Grund und Boden der ehemaligen Burgklause ein Tierheim errichten zu wollen. Er habe jetzt die Ruhe, die er brauche. „Die Königsbrücke ist nur noch gut für den Abriss, alles andere ist Nonsens“, so Killat. Die Zufahrt für einen neuen Grundbesitzer des Burgklause-Anwesens sei ohnehin mit dem Bodenordnungsverfahren vom Nuthedamm her ausgewiesen. Mit ihm gäbe es deshalb auch keine neue Königsbrücke. Stattdessen Killat flussaufwärts in der Nuthe-Kurve eine neue Brücke zur Fortsetzung des Fontanewanderweges vor. Dort nutze er kein Weideland für sein Vieh. Die Idee ist nicht neu. Zudem sei laut Killat geplant, dass die alte Heiztrasse vor der Ortsumgehung Drewitz von der Stadt Potsdam übernommen und zur Fußgängerbrücke umgebaut wird. Dort würden auch die einzigen Wege nach Drewitz ansetzen. Den PNN wurde dieses Vorhaben vom Potsdamer Rathaus jedoch noch nicht bestätigt. Killat selbst hatte mit einer illegal errichteten Brücke zwischen Hof und Weideland 2005 für Schlagzeilen gesorgt.
Die Fortsetzung der Geschichte ist offen. In den zahlreichen Ausschusssitzungen der Gemeindevertreter war selbst der Gedanke der teilweisen Enteignung Killats aufgetaucht, die „zum Wohle der Allgemeinheit zulässig“ sei, wie es hieß. Dabei berief man sich auf die Brandenburgische Verfassung. Die sieht Land und Gemeinden in der Pflicht, „der Allgemeinheit den Zugang zur Natur unter Beachtung der Grundsätze für den Schutz der natürlichen Umwelt freizuhalten und gegebenenfalls zu eröffnen.“
Ute Kaupke
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