KulTOUR: Traumtänzer und andere Zugvögel
Stahlbildhauer Michael Ernst zeigt Skulpturen und Windobjekte in der Caputher Galerie Pro Arte
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Schwielowsee – Vor genau zwei Jahren waren die Skulpturen und Windobjekte des Stahlbildhauers Michael Ernst im Garten von Pro Arte noch viel größer. Mit Kraft und Schwung griffen sie am Caputher Gemünde in Zeit und Raum. Nun ist der gebürtige Harzer wieder zu Gast bei Siegrid Müller-Holtz. „Korrespondenzen“ heißt ihre gemeinsame Ausstellung im Atelier und auf der Wiese, die nicht nur ihr künstlerisches Oeuvre aneinander bindet. Sie ist zugleich ein Vorbote zur Kunsttour am Monatsende.
Warum aber die Statischen und Kinetischen Objekte von Michael Ernst deutlich kleiner sind, hat gute Gründe. Zum einen kann man Kunst nicht immer nur machen, ab und zu muss man auch mal an den Verkauf denken, „damit ich nicht mehr so viel nebenbei arbeiten muss“, sagt der 1973 geborene Künstler. Er ist ausgebildeter Kunstschmied, musste dann Wetterfahnen reparieren. Hoch oben auf Turm und Spitz kam die Inspiration über ihn. Anfangs wandte er sich „ganz klassischen Motiven“ zu, die natürlich viel mit seinem Inneren zu tun haben. „Zugvögel“ etwa, extra mit einer „Windsicherung“ ausgerüstet, damit es den armen Viechern nicht zu zugig werde. Sein Curriculum ist so wenig linear wie seine Arbeitsweise mathematisch. Er rechnet sich Thermodynamik oder Kinetik für seine Windspiele nicht etwa aus, lieber probiert er, was geht und was nicht. So gehorchen seine bunten Kraniche, fast unsichtbar ins Innere des neuen Strommastes gehängt, schon den feinsten Luftströmen eines Innenraumes.
Statik und Kinetik gingen bei ihm immer parallel. An den „starren“ und doch so lebendigen Pinguinen etwa kommt keiner vorbei, nicht an den grazilen Engeln mit ihren schönen Flügeln. Auch der rostige Schwan breitet sein Gefieder aus, während, mit zunehmender Größe, nahe der Havel ein Schwarm Mauersegler aufsteigt, sie schlafen ja bekanntlich beim Fliegen.
Parallel dazu die „kinetische Kunst“, wie das im Fachjargon heißt: Die Entdeckung weiterer Dimensionen von Raum und Tiefe, die Installation einer Skulptur in eine andere, was in der sechsteiligen Abstraktion „Venus“ wohl ihren vorläufigen Höhepunkt findet. Diese Konstruktion erinnert stark an ein Astrolabium, ist vielleicht so gedacht. Ernst arbeitet mit Stahl und mit Stein, niemals mit Holz, und was er da schafft, darf weder geschweißt noch genietet werden. Der Mann hat Prinzipien. In diesem Sinne tanzt sein „Traumtänzer“, demonstrieren drei stilisierte „Ballakrobaten“ wie Stehaufmännchen das Laufen, Balancieren, Fallen. Solch künstlerischer Progress war für Ernst der andere Grund, seine Werkgestaltung zu minimieren.
Siegrid Müller-Holtz stellt im Atelier alte und neue Arbeiten aus. Ihre Buchobjekte, intelligente Faltarbeiten sind genauso dabei wie die Serie „Schreib mal wieder“, die Materialcollagen zu China, oder ihre „Ägypter“ (PNN berichteten). Einiges davon hat die „Kunsttour“ inzwischen ausgezeichnet, die farbintensiven Bali-Arbeiten etwa. Neu unter anderem sind die „Variationen in Blau-Weiß“. Es kommt jetzt wohl mehr Farbe in ihr Werk, vielleicht mehr Poesie. Unter dem Ausgestellten ist auch eine Hommage an den kanarischen Künstler César Manrique. Hatte nicht Michael Ernst schon auf den Kanaren zu tun? Eine seiner Arbeiten wurde doch von der Gernot-Huber Stiftung Teneriffa angekauft. So schließt sich der Kreis. Beide vereint ja die Liebe zum Material, die Versuche, scheinbar Unpassendes zusammenzubringen, der Garten, Pro Arte, und natürlich die Kunst. Gerold Paul
Gerold Paul
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