Potsdam-Mittelmark: Treppe zur Freiheit
Bücher können auch gefährlich sein: Zehn Jahre Märkischer Verlag in Wilhelmshorst
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Michendorf · Wilhelmshorst - Bücher können praktisch sein, aber auch gefährlich. So lud der Märkische Verlag Wilhelmshorst zu seinem zehnjährigen Jubiläum mit einer kecken Zeichnung ein, darauf ein lesehungriger Häftling seinem Gefängnis behufs eines Bücherstapels in eine nicht näher bestimmte Freiheit entkommt.
Diese vermeintliche Freiheit machten sich nach 1990 auch die Gründer zahlreicher Kleinverlage zu eigen. Aber ganz so einfach war es doch nicht. Um den Großen etwas entgegenzusetzen und sich wenigstens regional zu behaupten, wurde deshalb vor acht Jahren die „Arbeitsgemeinschaft Brandenburgische Buchverlage“ gegründet. In Klaus-Peter Anders kommt nun beides zusammen: Er ist Chef des florierenden Märkischen Verlages und wiedergewählter Kopf dieser Arbeitsgruppe, dem zweiten Jubilar.
Klar, dass die Kollegen jüngst zum Gratulieren in das Haus seiner Großeltern, besser in seinen Garten kamen, denn das Wetter war schön und die Gastlichkeit trefflich. Es hat noch den Charme jener Jahre, als man Bauen und Schönheit nicht trennte. Unter efeuberankten Kiefern gewaltigen Maßes war der Tisch gut gedeckt, ein Hammel schmorte am Spieß, Getränke standen bereit, locker und angenehm die Atmosphäre. Worüber reden, wenn nicht über Bücher und Lesen?
Sein Verlag, so Anders, könne sich auf berühmte Vorgänger in Deutschland berufen. Allerdings sei auf den ersten Blick nicht immer erkennbar, was die gleichbenannten Unternehmen in Kiel, Lüdenscheid oder Dortmund mit den Märkern zu tun gehabt haben sollen. Sei''s, die Gegenwart hält genug Probleme bereit. Ohne besonders wahrgenommen zu werden, bemühen sich gerade die kleinen Brandenburgischen Verlage um das, was die Konkurrenz der Giganten nicht kann oder will: Pflege des Literarischen und des Regionalen. Sie wollen eingeborenen Autoren ins Bücherleben verhelfen, vielleicht in die Freiheit, doch macht der jüngste schmerzliche Konkurs der Potsdamer Humboldt-Buchhandlung auch rasch die Bedingungen klar. Anders appellierte an die Landesregierung, sich dafür einzusetzen, dass von ihr gefördertes Druckwerk auch von hiesigen Firmen hergestellt werde, Potsdam-Broschüren müssten nicht unbedingt in Heidelberg gedruckt werden. Zugleich stiftet die Arbeitsgemeinschaft einen jährlichen Buchhändlerpreis, um den direkten Absatz hier produzierter Werke zu fördern.
Der Märkische Verlag hat mit seinen Reihen wie „Lebenslinien“ oder „Verwehte Spuren“ durchaus Erfolg, auch wenn die Chroniken über zwei Gymnasien Potsdams nach wie vor den Spitzenplatz halten. Fünf bis sechs Neuerscheinungen schafft man pro Jahr, mehr als Manuskripte eingehen. Klaus-Peter Anders'' Engagement fürs Regionale, aber auch die Art des Büchermachens, scheinen die Autoren zu schätzen, jedes unverlangte Manuskript ist wie ein Bonus. Grenzen sind dort erreicht, wo man dem Verlag sehr wohlwollend wünschte, er möge an dem gut gestalteten Buch zu Peter Huchels 100. „nicht kaputtgehen“. „Das war tatsächlich eine Nummer zu groß“, sagt Anders. Mit dem Edlef-Köppen-Buch noch in diesem Jahr in der Reihe „Wilhelmshorster" wird das vermutlich nicht passieren. Es geht dem „Märkischen“ also gar nicht so schlecht auf der Treppe zur Freiheit, „man darf nicht immer nur jammern!“
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