Potsdam-Mittelmark: Treppenstufen zum Labyrinth
Das diesjährige „Art Event“ ließ die Besucher mit seiner geballten Symbolik verwirrt zurück
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Das diesjährige „Art Event“ ließ die Besucher mit seiner geballten Symbolik verwirrt zurück Von Kirsten Graulich Teltow. Die Künstler des jüngsten „Art Event“ wollten hoch hinaus und – landeten in der vierten Etage der Teltower Oderstraße 57. Im Gegensatz zu bisherigen Events des Dachverbandes Kultur, die in Erdgeschossräumen stattfanden, war das diesjährige Domizil im Ausbildungsverbund durchaus eine Steigerung. Auch für die Besucher des Kunstspektakels, die entlang eines roten Fadens etwa hundert Treppenstufen bewältigen mussten, um hinauf in die Kunstsphäre zu gelangen. Wen Kunst so bewegt, dass er sich dieser Mühen unterzog, statt den Lift vorzuziehen, begegnete kurz nach dem ersten Treppenabsatz dem Dadaisten Hans Arp. Der fragte Besucher: „Wo sind die Träume?“ Die Antwort erfolgte auf einem Spruchband, zwölf Stufen höher: „Auf den kristallinen Schiffen“. Stufen für Stufe setzte sich dieses Frage- und Antwortspiel fort. Z So versuchte sich das vierte Art Event in Rätseln und lockte schließlich ab Etage 3 mit würzigen Lauch-Zwiebeldüften, die sich vom Büfett aus der vierten Etage verströmten. Derart eingestimmt erwartete die Besucher ein Potpourri von Kunststücken. Immerhin wurden für die Eröffnungsveranstaltung am Samstagabend vier in Aussicht gestellt, darunter das Theater am Weinberg, die Musikschule "Engelbert Humperdinck", die A-Capella-Gruppe "Pitch Pipe Project" und die Sängerin Christiane Heinke. Zusätzlich wurde der große Hörsaal in einen Aktionsraum verwandelt, dessen Mitte zugleich Kulisse und Zentrum der Exposition war. Als „Schleierpfade“ bezeichnete die Kleinmachnower Künstlerin Anke Mühlig ihre Seidenobjekte, die ähnlich einem Rollo in Deckenhöhe angebracht waren und in gestaffelter Manier zu den „Sieben Aspekte einer Entscheidung“ korrespondierten. Die farblich unterschiedlichen Aspekte markierten jeweils einen Gang des Labyrinthes, das mittels Klebestreifen auf dem Boden abgesteckt war. Das Thema Labyrinth hatten auch andere Künstler aufgenommen. „Beziehungskiste“ nannte Petra Walter-Moll eines ihrer Objekte – in ironischer Anspielung auf alltägliche Rituale. Und Rainer Ehrt ließ auf einem seiner Bilder den jungen Ikarus über dem Labyrinth des Minotaurus abstürzen. Neben Wachs begossenen Papierstreifen und Fotobändern über dem Labyrinth lag an dessen Eingang auch Ariadnes Schicksalsfaden. Doch das wackere Bemühen blieb im Ansatz stecken, trotz Handzetteln und kleiner Wegweiser. Zuviel geballte Symbolik verhinderte den beabsichtigten Dialog mit dem Besucher, denn der blieb bei soviel Sendungsbewusstsein verwirrt zurück. Vielleicht liegt der Grund auch in der eigenen existenziellen Grundproblematik des Dachverbandes, die bisher noch nicht gelöst werden konnte. Denn seit einem Jahr bemüht sich der Verband um eine hauptamtliche Stelle für seine Vereinsarbeit (PNN berichteten). Nun wähnen sich die Vereinsmitglieder um Verbands-Chef Tilo Bonow mittlerweile selbst in einem Labyrinth, da sich die drei Kommunen der Region noch immer nicht darauf einigen konnten, ob es Bedarf für einen Kulturkoordinator gibt. Ob es im nächsten Jahr dafür Lösungen geben wird, ist ungewiss. Aber auf einem der Handzettel war zu lesen, dass „oft Umwege nötig sind. Nur rückblickend erkennen wir den Sinn der Umwege“. Das stimmt zuversichtlich.
Kirsten Graulich
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