zum Hauptinhalt
Neues Zuhause im Gewerbepark. Auch rund 50 Kinder wurden in Stahnsdorf aufgenommen – zum Einzug tobten sie bereits über die Flure. In welche Kitas und Schulen sie kommen werden, ist noch unklar. Die Gemeinde muss kurzfristig Lösungen finden.

© Björn Stelley

Potsdam-Mittelmark: Überraschender Kindersegen

Statt alleinstehender Männer ziehen vor allem Familien in das neue Stahnsdorfer Flüchtlingsheim

Von Eva Schmid

Stand:

Stahnsdorf – Kinder toben durch den Flur, es klappert Geschirr, eilig laufen Familien durch die hell gestrichenen Flure. Im neuen Flüchtlingsheim im Stahnsdorfer Gewerbepark herrscht inzwischen rege Betriebsamkeit. Die ersten 70 der insgesamt 152 Flüchtlinge sind bereits vergangenen Donnerstag in das ehemalige Lehrlingswohnheim eingezogen, zu Beginn dieser Woche werden weitere Flüchtlinge aus der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt kommen. Es sind überwiegend Familien, die nach Stahnsdorf ziehen – vor gut zwei Wochen ging man im Landratsamt noch davon aus, dass hauptsächlich alleinstehende Männer kommen werden.

Der Einzug der insgesamt 36 Flüchtlingsfamilien stellt die Gemeinde und auch die neue Heimleitung vor große Herausforderungen: Von den insgesamt 46 Zimmern seien lediglich acht Zimmer für Familien vorgesehen, sagte Sonja Ruppert, die neue Leiterin des Heimes, den PNN. Man müsse nun umorganisieren, „aber das kriegen wir schon hin“. Schwieriger werde es für die Gemeinde, die nun für rund 48 Kinder kurzfristig Schul- und Kitaplätze bereitstellen muss, hieß es am Montag aus dem Landratsamt. In welchen Einrichtungen die Kinder unterkommen sollen, ist noch unklar, eine gesonderte Schülerklasse oder Kitagruppe sei nicht geplant, sagte Bürgermeister Bernd Albers (BfB) auf Anfrage. „Die Kinder werden entsprechend ihren Fähigkeiten und persönlichen Voraussetzungen nun individuell betrachtet“, so Albers.

Auch vier Tage nach dem Einzug der ersten Flüchtlinge herrscht Trubel im neuen Heim: Ständig klopft es an der Bürotür, alle paar Minuten klingelt das Telefon, vieles muss geklärt werden. Es ist 12 Uhr und die Ankunft der nächsten Bewohner ist bereits angekündigt. Noch fehlt der Internetanschluss, einige Elektroherde müssen noch in die Gemeinschaftsküchen gebracht werden, ein Wasserhahn tropft – Kleinigkeiten, die noch erledigt werden müssen.

Die Familien kommen aus Serbien, Kroatien, Tschetschenien, Eritrea, Afghanistan und Syrien. Das sei eine große Herausforderung, nicht nur was die Kommunikation, sondern vor allem die Integration angehe, sagt Heimleiterin Ruppert. Im neuen Jahr sollen die ersten Deutschkurse starten, dafür gibt es im neuen Heim extra zwei Schulungsräume. Bis Mitte des nächsten Jahres soll auch der zweite Wohnblock in der Ruhlsdorfer Straße bezogen werden – dann sollen bis zu 300 Flüchtlinge in Stahnsdorf eine neue Heimat finden. Im Heim, das der Internationale Bund betreibt, arbeiten neben der Heimleiterin zwei Sozialarbeiterinnen und ein Hausmeister.

Es klopft wieder mal an die Bürotür der Heimleiterin. Ein Mann fragt, ob vielleicht Weihnachtsschmuck gebraucht werde, er habe den ganzen Kofferraum voll. Jürgen Lehmann kommt aus Stahnsdorf, wohnt gleich um die Ecke. Über die Jahre habe sich so einiges an Christbaumschmuck angesammelt und bei der Gemeinde habe er erfahren, dass er es dem Flüchtlingsheim spenden könne. „Vielleicht bereitet es dem ein oder anderen ja eine Freude, so kurz vor Weihnachten.“

Die Hilfsbereitschaft in der Gemeinde sei groß, sagt Heimleiterin Ruppert. „Aber gerade jetzt kann zusätzliche Unterstützung nicht schaden.“ Benötigt werde vor allem Winterbekleidung, aber auch warme Decken. Rund zwölf Ehrenamtler helfen bei der Ankunft der Flüchtlinge aus. „Wir haben Fahrdienste zu Behörden, Banken und Ärzten organisiert“, sagt Ines Peutsch. Die Angestellte aus dem öffentlichen Dienst koordiniert die Arbeit der Ehrenamtler. Gemeldet hätten sich über 20 Helfer aus der Region. Mit der Heimleiterin habe man abgesprochen, was die Flüchtlinge in den ersten Tagen brauchen könnten. Pietsch freut sich sehr, dass nun so viele Familien gekommen sind, „sie sind eine große Bereicherung für die Gemeinde“. Das Rathaus plant Anfang des kommenden Jahres ein Willkommensfrühstück, zudem werden Begrüßungsbeutel verteilt, darin unter anderem ein Plan von Stahnsdorf und ein kleines Spielzeug für Kinder.

Es klopft wieder an der Tür von Heimleiterin Ruppert. Sie ist für die Neuankömmlinge die erste Anlaufstelle und Ansprechpartnerin. Eine junge Frau hat ein Problem und versucht sich auf Spanisch zu verständigen. Obwohl viele Flüchtlinge weder lesen noch schreiben können, lernten einige Spanisch durch Telenovelas, so Ruppert. „Wenn es gar nicht anders geht, verständigen wir uns auch mit Händen und Füßen.“ Die Sprachbarriere sei jedoch nur ein kleines Problem, so Ruppert. „Die Herausforderung ist die Integration der Flüchtlinge.“ Am Dienstag werden in Stahnsdorf weitere 70 Asylbewerber erwartet.

Wer warme Winterkleider oder Decken spenden will, kann sich an die ehrenamtliche Koordinatorin Ines Pietsch unter Tel.: (03329) 611303 wenden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })