KulTOUR: Ultimo mit Bückware in Töplitz
Malerin Annette Strathoff und Keramikerin Ursula Zänker bestreiten Ausstellung in alter Schule
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Werder (Havel) - Die Ausstellungen in diesem Jahr, erzählt Marianne Kreuzberger, Kustorin der Galerie Töplitz im Ehrenamt, hätten beim Publikum deutlich mehr Verkaufsinteressen geweckt als in den Jahren zuvor. Nun muss der Verein „Havelland-Art“ davon nicht leben, die Künstler schon. Die Malerin Annette Strathoff und Ursula Zänker, Keramikerin mit eigener Werkstatt in Karwe bei Neuruppin, bestreiten die letzte Ausstellung dieses Jahres in der ehemaligen Schule, darin man ungehindert bis zum Dach hinaufschauen kann, rohe, meist unverputzte Wände zieren das Innere.
Die beiden fast gleichaltrigen Damen, eine in Gütersloh, die andere in Halle geboren, zeigten sich vom rohen Abbild begeistert: bröckelnde Wände hätten die Gütersloherin immer schon mehr interessiert als polierte Fassaden. Das kannte sie aus ihrer Zeit im Ruhrgebiet, wo es (gut zu wissen) in den siebziger Jahren genauso aussah wie in Bitterfeld. Kurz nach dem Mauerfall fand sie auch das passende Material zu ihrer Sympathie fürs Morbide, und zwar ausgerechnet in Wittenberg, das 1989 vom Verfall gezeichnet war.
Als Annette Strathoff ihren neuen Freunden dort vorschwärmte, wie toll sie das fand, verstand sie natürlich keiner. Immerhin entdeckte sie so „die Wellpappe“, bis heute ihr bevorzugtes Material, denn edles Papier und grobe Motive wollten schier nicht zueinander passen. Ihr Statement ist bemerkenswert: „Ästhetik steckt in jedem Dreck!“
Keramiken indes passen sich wie Sepien-Tiere sowieso jedem Hintergrund an. Wie sich dieser so unterschiedlich geformte, bearbeitete, bemalte und montierte Stoff bei Strathoff in die Collage fügt, kann man ab Samstag für eine lange Woche gleich neben der Kirche sehen. Es gibt die Serien „Ziegelrot“ auf ziegelroten Untergrund und „Der fixierte Augenblick“, die stark unterkühlten „Glindower Alpen“, gegenüber „im Additivverfahren“ bearbeitete, filigrane Drucke, deren Grundlage gleichfalls Wellpappe ist. Ihr Curriculum führte sie von der natürlichen Schau zum meist unbetitelten Bild abstrakter Denkart. Trotz erlesenen Farbempfindens fehlen Menschen darin, ein trauriger Trend in der Gegenwartskunst. Dafür erhält der Fragende von der jetzigen Potsdamerin „Bückware“ zum reduzierten Preis – ihr Original-Beitrag zum Thema „20 Jahre Mauerfall“!
Ursula Zänker kommt aus der Schule von Burg Giebichenstein. Sie spielt gern mit Formen, bevorzugt edles Material und hohe Brenntemperaturen, damit alles einen guten Ton abgibt. Irgendwie schwankt sie zwischen Gebrauchs- und schöner Kunst. Ein hübsches Service mit handgepressten Motiven, diverse Gefäße und Vasen, kreisrunde Keramiken („sind doch schon Bilder!“) als Wandschmuck verweisen auf „schönes Empfinden“, die nur aus „Kringeln“ gefertigte Bodenvase dunkler Größe weist fast empört jeden Utilitarismus von sich. Ein exquisites Stück für idealbewusste Sammler!
Alles ist auf der Töpferscheibe gearbeitet, zerteilt und neu zusammengesetzt, mit feinen Tonen oder Porzellanerde geziert, gefärbt, und dann gebrannt. Irgendwie, mit Verlaub, scheinen etliche Arbeiten trotz der komplizierten Brennprozesse ihr Leben nicht verloren zu haben. Eher ist es umgekehrt. Was über technische Details und Tricks sonst noch erfahrenswert ist, kann man bei der Keramikerin selbst erfragen. Bleibt zu hoffen, dass die gute Bilanz der Galerie sich zum Ultimo der 12. Saison vielleicht noch mehrt. Erfahrungsgemäß lohnte es bisher immer, sich hinauszubegeben.
Vernissage mit dem Duo Noir et Blanc Samstag um 16 Uhr in der Dorfkirche. Die Ausstellung ist bis 18. 10. geöffnet, Sa. u. So. 14-18 Uhr, Mo. bis Fr. 16-18 Uhr
Gerold Paul
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