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DasWAR’S: Und Heiko stand daneben

DasWAR’S Warum Peter Könnicke hofft, keine Petze gewesen zu sein In der vergangenen Woche hatte ich in Kleinmachnow einen Termin mit dem ehemaligen Fußballtorwart von Stahl Riesa. Wir sind schnell ins Gespräch gekommen, denn ich bin in Riesa aufgewachsen, bis ich neun Jahre alt war.

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DasWAR’S Warum Peter Könnicke hofft, keine Petze gewesen zu sein In der vergangenen Woche hatte ich in Kleinmachnow einen Termin mit dem ehemaligen Fußballtorwart von Stahl Riesa. Wir sind schnell ins Gespräch gekommen, denn ich bin in Riesa aufgewachsen, bis ich neun Jahre alt war. Nach unserem Wegzug hat es 25 Jahre gedauert, ehe ich wieder einmal dort war. Vieles hatte sich verändert, an die Stadt konnte ich mich kaum noch erinnern. Was mir als Kind groß und weit erschien, war geschrumpft. Nur der Weg von unserem Hochhaus zu meiner alten Schule war noch genauso kurz wie damals. Die POS „Otto Buchwitz“ lag gleich um die Ecke. Einige meiner Klassenkameraden wohnten im gleichen Haus wie ich. Auch Heiko Schmidt. Gleich am ersten Schultag hat er mich beeindruckt, weil er als einziger wusste, was eine Musiknote ist. Unsere Lehrerin hatte verschiedene Dinge an die Tafel gemalt und gefragt, was das ist. Nur Heiko Schmidt kannte Noten. Mein erster Schultag verlief weniger erfolgreich: Vor Aufregung habe ich quer über die Bank gekotzt und wurde nach Hause geschickt. In der zweiten Klasse fiel es Heiko Schmidt nicht mehr so leicht. Er bekam einen Brief nach Hause mit, dass seine Versetzung gefährdet sei. Er hat sich jedoch nicht getraut, den Brief seinen Eltern zu zeigen. Deshalb bat mich unsere Lehrerin, dass ich Heikos Eltern den Brief geben sollte. Es war an einem Samstag und auf dem Heimweg hat mich Heiko bekniet, ihm den Brief zu geben, er werde diesmal bestimmt mit seinen Eltern reden. Ich gab ihm den Umschlag, doch zu Hause quälte mich mein Gewissen. Was, wenn Heiko sich wieder nicht traut? Was sollte ich der Lehrerin sagen? Ich wollte sie nicht enttäuschen, wollte aber auch keine Petze sein. Ich klingelte am Nachmittag bei Heikos Eltern und fragte, ob sie den Brief schon hätten. Sie hatten ihn. Ich fühlte mich total bescheuert und mies. Aber das schlimmste war, dass mir Heikos Eltern auch noch Schokolade schenkten. Westschokolade, ich glaube es war Sarotti. Und Heiko stand daneben. Gestern habe ich in unserer Zeitung einen bemerkenswerten Satz gelesen. Es ging um die entfachte Werte-Diskussion. Und da stand geschrieben, dass wir in Brandenburg mehr Selbstbewusstsein und mehr Bereitschaft brauchen, sich für die Probleme des Mitbürgers zu interessieren. Das sei uns in den vergangenen Jahren verloren gegangen. Dabei ist mir die Geschichte mit Heiko eingefallen. Ich hoffe, es hat ihm nicht geschadet, dass ich bei seinen Eltern geklingelt habe. Vielleicht hat er ja Musik studiert.

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