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Potsdam-Mittelmark: Und jetzt in den Sportverein Aktionstag für moppelige Kids in Heilstätten

Beelitz · Heilstätten - Tim drippelt über das Spielfeld, der Ball tanzt unter seinen Händen. Dann nimmt er Schwung und landet einen „Korb“.

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Beelitz · Heilstätten - Tim drippelt über das Spielfeld, der Ball tanzt unter seinen Händen. Dann nimmt er Schwung und landet einen „Korb“. Noch vor sechs Wochen hätte er das nicht geschafft, damals wog der 14-Jährige zehn Kilo mehr und war gerade in die Rehaklinik für Kinder- und Jugendliche nach Beelitz-Heilstätten gekommen. Es war seine Entscheidung, endlich abzuspecken, seine Eltern unterstützten ihn und der Kinderarzt empfahl eine Kur. Er verschweigt nicht, dass es Tage gegeben hat, an denen es nicht so gut lief und die Waage plötzlich 600 Gramm mehr anzeigte. „Das war schon deprimierend“, aber es habe ihn auch motiviert, auf einige Dinge zu verzichten, die gut schmecken. Dass maßvolles Naschen erst erlernt werden muss, erfuhren auch die Eltern, die am Wochenende zum bundesweiten Aktionstag der Reha-Kliniken nach Beelitz kamen und sich dort über Therapieformen für ihre Kinder informierten. Adipositas, so der Fachbegriff für behandlungsbedürftiges Übergewicht, ist hierzulande ein Problem, bereits jeder dritte Jugendliche gilt als zu dick. Nicht allein die Pfunde würden auf die Seele drücken, sondern als Folge auch Haltungsschäden entstehen, erklärte Chefärztin Dr. Heike Hoff-Emden in ihrem Vortrag. Weitere Folgen seien schulische Probleme, die sich bis zur Berufsausbildung fortsetzen können. Ohne Hilfe sei dem Übergewicht nicht beizukommen, weshalb Eltern und Bezugspersonen im Kampf gegen die Pfunde zu Verbündeten werden müssen. Was gesund ist oder wie man tückische Kalorien-Fallen im Alltag umgehen kann, lernen die Kinder und Jugendlichen in der Beelitzer Klinik von Ernährungsberatern. Viele der ehemals moppeligen Kids hätten sich vorgenommen, nach der Kur auch ihre Eltern zu motivieren, berichtete Hoff-Emden, denn meist müssten lieb gewordene Gewohnheiten in den Familien mit auf den Prüfstand. Die 15-jährige Kristin hat sich deshalb gleich ein Kochbuch gekauft. Gerichte wie Gemüsepfanne, Dinkelklöpschen und Kräutersuppe hat sie ausprobiert, denn einmal in der Woche dürfen die Kinder und Jugendlichen selbst kochen. Künftig will sich Kristin beim Essen an Ampelfarben orientieren und dabei vor allem Grün bevorzugen, wozu Obst und Gemüse, Früchtetee, Saftschorle, Reis und Spaghettis zählen. Gelb stehe für maßvollen Genuss und dazu gehöre Fleisch, Wurst, Eier und Milch. Rot bedeute sparsam sein und das gelte für alles Süße sowie fette Snacks, hat sie gelernt. Trotzdem erhalten alle einmal in der Woche eine Hand voll Süßigkeiten, die sich jeder einteilen kann. Nur Cola ist verboten – weil zu viel Zucker drin ist, wie jetzt auch Kristin weiß. Tim ist überzeugt, dass vor allem zu viel Fernsehen und Computerspiele die Ursache für seine schwere Hypothek waren. Seit ihm Sport richtig Spaß macht, purzeln die Pfunde und seine Sachen sind weit geworden. Sich wieder schneller bewegen zu können, sei ein tolles Gefühl, erzählt er, nach der Kur will er sich im Sportverein anmelden. Kirsten Graulich

Kirsten Graulich

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