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KulTOUR: Unter Druck

Eine Ausstellung im Schloss Caputh zeigt Bilder von Bert Müller – zeitgenössische Werke voller Poesie und Archaik

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Schwielowsee · Caputh - Höchst eindrucksvoll ist die Ausstellung des Dresdener Künstlers Bert Müller im Seitenflügel vom Schloss Caputh. Nicht allein deshalb, weil die 16 größeren Formate auf Papier und Holz mit dem seltsamen Titel „Unter Druck“ dem Geist der Kunst selbst zu dienen scheinen, sie wissen dem Betrachter auch einiges mitzuteilen.

Das erste, was in dieser Ausstellung auffällt, ist die spürbare Kraft seiner ruhend wirkenden Bilder. Werke, die auf den ersten Blick konstruktivistisch abstrakt wirken. Doch seine bildnerische Phantasie ruft mit Häusern oder Landschaften alte, gegenständliche „Muster“ ab. In sie legt er scheinbar Modernes hinein, Werkzeuge etwa. Er bringt sie in neue Sinnzusammenhänge. Besonders diese langen Sägeblätter haben es ihm angetan: Senkrecht nebeneinander geordnet, neigen sie sich bei „Beziehungen 1 und 2“ im ernsten Gespräch zueinander – hier kann man auch die vielen Töne des Brauns bewundern. Ähnliche Zacken bei „Bergland im Regen“, wo die Landschaftslinie einem Sägeblatt gleicht.

Die raffinierte Ästhetik seiner Arbeiten hat viel mit der eigenen Biographie zu tun. 1962 geboren, machte er 1981 erstmals mit den „Konstruktivisten“ Bekanntschaft. Unter dem Einfluss des Dresdner Künstlers Hermann Glöckner lernte er aber auch die surrealistischen Arbeiten Dalis kennen und die expressionistische Dresdner Künstlergruppe „Die Brücke“ schätzen. Seine „Häuserschlucht“ erinnert noch 2003 an Werke von Lyonel Feininger. Doch trotz aller Verehrung der „Meister“ musste letztlich eine eigene Handschrift her. Bert Müller, ohnehin mit einem Faible „für Symbolik und Ornamentik“, suchte sie in der Ferne, in China, Peru, Mittelamerika, bei den alten Stätten der Kultur.

Eine wichtige Rolle in seinem Werk spielt die Drucktechnik. Müller kombiniert sie mit verschiedenartigen Farbaufträgen, die er manchmal auch einritzt. Viel Tempera, Pastell oder Ölpastell, aufgetragen auf China- und Japanpapier, manchmal auf Karton, Hartfaser, Holz. Nicht selten sind es Prozesse von mehreren Jahren, in denen die Bilder geschaffen werden und sich verändern.

Seine Palette bevorzugt gedeckte und gemischte Farben in allen nur denkbaren Schattierungen, meist von Grau oder Gelb. Leuchtendes, Grelles fehlt. Die Gestaltung des Bildhintergrundes ist nicht minder interessant. Es gibt keine monochromen Flächen, nur die schattigen Töne des Grau, in „Vehikel“ ein blasiges Rot, Unruh des Lebens, tausenderlei. Zusammen mit den gemalten oder grafischen Elementen entwickelt Müllers Kunst jene Ruhe, die sich selber genug ist, aus ihrem Gegenteil. Der Ausstellungstitel bleibt folglich nur ein Terminus technicus. Letztlich die Sujets: Sägeblatt-Skylines als Landschaft, ein „Geteiltes Haus“, das seine Spannung durch einen darüber gemalten Rundbogen in Gelb bezieht, ein „Auftrag“ zum Weiterdenken. Das vielleicht Schönste stellt ein dunkles „Wasserschloss“ vor, der gelbe Bogen darüber gleicht einer Sonne.

„Konstruktion“ hin oder her, der Betrachter gerät nie unter Druck: Irgendwo hier wohnen Poesie, Moderne, Archaik, Ruhe – die Zeitlosigkeit, die Kunst. gp

Die Ausstellung im Schloss Caputh, Straße der Einheit 2, können Interessierte noch bis zum Sonntag, dem 29. Juli, von 10 bis 17 Uhr ansehen.

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