KulTOUR: Unterm Kieferngewölbe
15 Jahre Peter-Huchel-Haus in Wilhelmshorst – Zum Jubiläum erschien ein Buch über seine Geschichte
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Michendorf - 15 Jahre ist die Peter-Huchel-Gedenkstätte am Wilhelmshorster Hubertusweg nun schon wieder alt. Zur feierlichen Eröffnung am 3. Oktober 1997 las Reiner Kunze Eigenes und Huchel. Seitdem gaben sich Dutzende Autoren und sonstige Prominente aus dem In- und Ausland hier die Klinke in die Hand, darunter Fritz J. Raddatz, Wolfgang Hilbig, Adolf Endler Ludvik Kundera oder Katja Lange Müller.
1996 hatte Huchels Witwe Monica den Grundstock für das allmähliche Aufblühen der Kultur im Ort gelegt. Sie schenkte das Anwesen komplett dem gerade erst gegründeten Verein „Peter-Huchel-Gedenkstätte“, der es her- und einrichtete. Seitdem führt Lutz Seiler die Amtsgeschäfte – und das Publikum von nah und fern durch die literarischen Veranstaltungen der Jahre.
Wann aber wurde dieses Haus gebaut, und wer waren die Vorgänger jenes Mannes, der sich das Anwesen 1953 von seinem „Nationalpreis Dritter Klasse“ leisten konnte? Davon erzählt Lutz Seiler in einem lesenswerten Buch, das zum fünfzehnjährigen Jubiläum von ausgewiesenen Huchel-Kennern unter dem Titel „Im Kieferngewölbe. Peter Huchel und die Geschichte seines Hauses“ zusammengestellt wurde. Geist ganz unterschiedlicher Art war ja schon immer an diesem Ort: beim Bauherren Bernhard Hoeft, einem ausgewiesenen Leopold-Ranke-Kenner, als „Kommandantura“ der Roten Armee 1945, unter Peter Huchel als Redaktion der Zeitschrift „Sinn und Form“ auf Zeit. Nach dem „Fortgehen“ 1971 wohnte sein Freund und Lyrik-Konkurrent Erich Arendt hier bis 1984, der schlechte Katzen-Hirt.
Erkundungen über Bernhard Hoeft und Erich Arendt sind übrigens ein bisschen dafür verantwortlich, dass die bisherige Dauerausstellung im Peter-Huchel-Haus – fünfzehn Jahre sollten tatsächlich genug sein – mit und in ihrem Namen nun erweitert und erneuert wurde.
Neben Lutz Seiler sind zwei gestandene Germanisten in dieser Neuerscheinung vertreten. Mit erfrischendem Abstand erzählt Hendrik Röder von seinem Verhältnis zu Erich Arendt, den schon Huchel für keinen sonderlich begnadeten Lyriker hielt. Peter Walther versucht fast mit Samtpfötchen das wahre Verhältnis Huchels zur Politik herauszufinden. Es war jedenfalls etwas anders, als es die jetzt abgesetzte Ausstellung im Erdgeschoss der Gedenkstätte zeigt. Da gingen viele Winde durch den suchenden Dichter, er folgte Ideologien, die ihn entwurzelten, beinahe verwüsteten. Der Rest ist bekannt, Patina.
Ausführlich und in eigener Sache beschreibt Lutz Seiler zuletzt, wie es zur Rückführung wichtiger Bücher aus Huchels Bibliothek in die Wilhelmshorster Gedenkstätte kam. Besonders sein „poetisches Grundbuch“ schien es ihm angetan zu haben, ein kleines Diarium, um die Rätsel der Welt etwas zu ordnen und den fertigen und halbfertigen Lyrik-Metaphern ein vorläufiges Zuhause zu geben. Viele dieser Seiten sind abgedruckt, schwarz-weiß, oder im vornehmen Grauton, was die Lektüre sehr angenehm macht. Den Ton dieser Aufsätze könnte man „gebremst politisch“ nennen, ihr Geist scheut nicht die Relation: Vielleicht waren Huchel und Arendt gar nicht solche Giganten der Lyrik, zu denen sie „die zweite Reihe“ aus billigen Gründen kürte? Bleibt zu hoffen, dass beim Festakt am Sonntag nicht wieder in die alten Stapfen getreten wird. Gerold Paul
„Im Kieferngewölbe. Peter Huchel und die Geschichte seines Hauses“. Mit Beiträgen von Lutz Seiler, Peter Walther und Hendrik Röder, 70 Seiten, Lukas Verlag.
Die neue Peter-Huchel-Ausstellung wird am 2. September um 14 Uhr eröffnet.
Gerold Paul
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