Potsdam-Mittelmark: Unverwechselbares Gedenken Enkel der letzten Caputher Schlossherrn war bei Gedenktafel-Enthüllung dabei
Schwielowsee - „Charlotte von Werder.“ „Nikolaus von Willich.
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Schwielowsee - „Charlotte von Werder.“ „Nikolaus von Willich.“ Baron Achim von Malsen-Ponickau ist dankbar, dass diese beiden Namen auf der Gedenktafel stehen. Es ist ihm wichtig, er will Fotos davon an die Verwandtschaft schicken, sagt er im PNN-Gespräch. 8. Mai in Caputh: Es war gestern ein besonderer Tag für den Ort. Caputh gedenkt seiner Toten aus vier Kriegen jetzt öffentlich auf dem Kirchhof. Baron von Malsen-Ponickau war extra vom dänischen Roskilde angereist, um bei der Enthüllung der vier neuen Tafeln dabei zu sein. Der 82-jährige Enkelsohn der letzten Caputher Schlossherren ist erleichtert, dass auch die beiden Toten aus seiner Familie nicht länger dem Vergessen preisgegeben sind.
Eine politisch und kirchlich besetze „Arbeitsgruppe Gedenken“ hatte über mehrere Jahre Varianten geprüft, wie Caputh seiner Kriegsgefallenen würdig gedenken kann. Initiator war Burkhart Franck, der im Jahr 2002 zufällig die vernachlässigten Tafeln mit den Namen der Gefallenen der Befreiungskriege, des Deutsch-Französischen Krieges und des Ersten Weltkrieges auf dem Dachboden des alten Gemeindehauses gefunden hatte. Daraufhin wurde, nach umfassender Recherche des Diakons Klaus Hugler, auch eine Tafel mit den Namen der Opfer des Zweiten Weltkrieges angefertigt. Alle vier Tafeln wurden in der Friedhofskapelle aufgehängt.
Die Arbeitsgruppe war sich allerdings einig, dass das Thema in eine breitere Öffentlichkeit gehört. Eine Spendensammlung für ein Denkmal schlug fehl. Also entschied man sich, Repliken der vier Tafeln an der Kirchparkmauer anzubringen. Gestern war es soweit.
Zwei Namen, vier Namen, 100 und 250 Namen – die Listen auf den Tafeln sind mit jedem Krieg länger geworden, so Franck in einer Gedenkrede. „Man erkennt den Charakter eines Volkes daran, wie es mit seinen Toten umgeht“, nutzte er ein Zitat von Charles de Gaulle. Besonderheit der jüngsten Gedenktafel: Darauf wird nicht nur der Soldaten gedacht, sondern auch der Opfer eines Bombenangriffs, der „Endkämpfe“, der nationalsozialistischen Gewalt, der Selbstmorde und der Opfer der kommunistischen Gewalt nach Kriegsende.
So sind auch die beiden Verwandten von Baron Nikolaus von Malsen-Ponickau auf die lange Liste gekommen. Nikolaus von Willich war sein Onkel und von den Russen verschleppt worden. Der Name seiner Tante Charlotte von Werder wurde nach dem Krieg aus der Einwohnerkartei gestrichen. Niemand aus der Familie weiß, wohin sie verschwand. „Für die Behörden existierte sie nicht mehr“, erinnert sich der Baron. Der Rest der Familie konnte flüchten. Seine verschleppte Großmutter rettete Baron von Malsen-Ponickau, gerade noch rechtzeitig vor der Abreise in den Westen, in einem Babelsberger Kellerloch.
Pfarrer Hans-Georg Baaske gedachte in einer Predigt aller Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft. „Unser Name macht uns unverwechselbar“, so Baaske mit Verweis auf den Propheten Jesaja (43.1). Deshalb sei es „gut und richtig“, die Caputher Namenstafeln über die Friedhofskapelle hinaus öffentlich zu machen. Schon heute seien sie nicht mehr vollständig. „Vor ein paar Tagen habe ich die Information aus einem alten Beerdigungsbuch bekommen, dass im Schlosspark zwei russische Soldaten im April ’45 beerdigt wurden und auf unserem Friedhof am Steineberg sechs amerikanische und zwei englische Fliegersoldaten beerdigt wurden.“ Auch an diese Menschen sollte man sich erinnern, so Baaske.
Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) dankte Arbeitsgruppe und Kirche dafür, dass die Erinnerung an die Kriegstoten wachgehalten werde und künftige Generationen mahne. Sie appellierte mit Richard von Weizsäcker an die Jugend, sich nicht in Feindschaft und Hass gegen Andere treiben zu lassen und die Freiheit zu ehren.
Baron von Malsen-Ponickau applaudierte dazu am längsten. Durch den Krieg fühlt er sich bis heute bestraft, der Verlust des Schlossanwesens quält ihn bis in die Gegenwart. Er könne nichts für die Zeit und die Familie, in die er hineingeboren wurde. Die Landenteignungs-Parole „Junkerland in Bauernhand“ geistert dem Baron bis heute durch den Kopf: „Ich weiß nicht, was das sein soll, ein Junker.“
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