Potsdam-Mittelmark: Urteile zu Grün- und Waldflächen aufgehoben
Teilerfolg für jüdische Erben. Rechtsstreit um Teltow-Seehof wird zur unendlichen Geschichte
Stand:
Teltow/Leipzig – Im Rechtsstreit um die Rückübertragung früheren jüdischen Eigentums in Teltow-Seehof hat das Bundesverwaltungsgericht (BVG) in Leipzig kürzlich sechs Urteile des Potsdamer Verwaltungsgerichtes aufgehoben. Das bestätigte den PNN der Anwalt der Erbengemeinschaft Sabersky, Robert Unger. Das Potsdamer Verwaltungsgericht hatte im November 2008 mehreren Klagen der Stadt Teltow gegen die Rückgabe von Grün- und Waldflächen an die Erben der jüdischen Familie Sabersky stattgegeben (PNN berichteten). Aus Sicht der Kammer waren diese Flächen in der NS-Zeit nicht unter Verfolgungsdruck veräußert worden. „Das Bundesverwaltungsgericht stellte nun fest, dass unser rechtlicher Anspruch auf Gehör verletzt wurde, wir konnten unsere Beweise und Tatsachen seinerzeit nicht vorbringen“, erklärte Unger.
So hätten die Potsdamer Richter bei dem Prozess im November 2008 ein Gutachten des Zentrums für Antisemitismusforschung nicht zur Kenntnis genommen, weil die Kopie nicht unterschrieben war. „Man räumte uns nicht einmal die Möglichkeit ein, das nachzuholen.“ In der Sache hätte das BVG jedoch nicht entschieden, erklärte Unger. Das müssen nun erneut die Richter am Potsdamer Verwaltungsgericht, die nach der Urteilsverkündung eine Revision nicht zugelassen hatten. Es ist bereits das dritte Mal, dass eine Entscheidung des Potsdamer Gerichtes vom BVG aufgehoben und zurück verwiesen wurde. „Das ist irgendwie ein Teufelskreis“, meint Unger, „weil das Potsdamer Gericht bislang immer gegen die Rückübertragung entschieden hatte“.
Bei dem größtenteils bereits rechtskräftig abgeschlossenen Gesamtkomplex „Teltow-Seehof“ handelt es sich um eines der größten Restitutionsverfahren in Ostdeutschland. 2005 schlossen das damalige Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen und die Erben einen Vergleich zu den Grundstücken. Danach sollten in den restlichen rund 600 Verfahren Rückübertragungen erfolgen, sofern die heutigen Nutzer die Grundstücke nicht zurückkaufen.
Der Wert der aktuell weiter umstrittenen vier Hektar Grün- und Waldflächen wird auf einen zweistelligen Millionenbetrag geschätzt. Die Stadt will die Fläche als Grünland erhalten, die Erben wollen das Areal teilweise als Bauland verwerten. Der Vertragsabschluss war 1934 zustande gekommen, als sich die früheren Besitzer des Gutes Seehof, Max und Albert Sabersky, entschlossen, ihren Besitz an Ackerflächen als Siedlungsland zu verwerten. Um amtliches Baurecht zu erhalten, waren als Gegenleistung „25 Prozent der Gesamtfläche für öffentliche Zwecke unentgeltlich, schulden-, lasten- und kostenfrei an die Stadt abzutreten“.
Bei den bisherigen Rechtsprechungen galten die Verkaufspreise bis 1935 als angemessen, die jüdischen Eigentümer hätten darüber noch verfügen können, hieß es. Doch neben Gutachten habe nun auch die Ausstellung „Sie waren unsere Nachbarn“, die im Rahmen des Teltower Stolperstein-Projektes Anfang des Jahres gezeigt worden sei, „deutlich gemacht, dass die Nationalsozialisten schon sehr früh Druck ausübten“, sieht sich Anwalt Unger in seiner Argumentation bestätigt. Trotz der Ausstellung fehle es aber bislang an der Gesprächsbereitschaft der Stadt. 2007 waren die Gespräche am Runden Tisch abrupt abgebrochen und nie wieder aufgenommen worden.
Kirsten Graulich
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: