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Potsdam-Mittelmark: „Verdichtet, was das Zeug hält“

Wie eine Bürgerinitiative in Wildpark-West mit handfesten Beiträgen gegen Bausünden kämpft

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Von Henry Klix

Schwielowsee · Geltow - Ute Märker schüttelt den Kopf. „Die Leute ziehen nach Wildpark-West, weil sie unter Bäumen leben wollen.“ Und das erste, was sie täten, sei Bäume zu fällen. In den Seitenstraßen und auf Eckgrundstücken würden alte Parzellen halbiert und gedrittelt, auf den so entstandenen Bauflächen hätte kein Grün eine Chance. Selbst in den Hauptachsen des Geltower Ortsteils, wie zum Beispiel direkt Am Markt, werde „verdichtet, was das Zeug hält“. Märker ist Sprecherin einer Bürgerinitiative, die das Problem angepackt hat. Denn alle kennen seit Jahren den Weg, der aus der Misere führen kann, auch die Kommunalpolitiker: Ein Bebauungsplan, in dem die Mindestgrundstücksgrößen und die erlaubte Baudichte genau festgelegt ist. Doppelhäuser auf 800-Quadratmeter-Grundstücken – das ist die Schmerzgrenze, mit der viele Wildparker noch leben könnten. Doch bislang fehlte für ein solches Planwerk das Geld. Als sich im April wieder mal der Ortsbeirat zu dem Thema traf, sah es gar nicht gut aus: Inzwischen sei es für einen Bebauungsplan fast zu spät, das Baugeschehen bald abgeschlossen, hieß es. Und schon die Kosten von 2000 Euro für Voruntersuchungen könnten nicht getragen werden, zumal sie die Sache nochmal verzögern würden. Da wendete sich das Blatt, erinnert sich Ortsbürgermeister Heinz Ofcsarik (BBS). „Das Wort Bürgerinitiative bekam in Wildpark-West seine eigentliche Bedeutung: Kein Protestklub, sondern Leute, die das Heft des Handelns mit in die Hand nehmen.“ Ein Dutzend Wildparker, unterstützt vom Wildpark e.V. und im breiten Konsens mit den Einwohnern, fand sich zusammen und bot seine Hilfe an. Mit Unterstützung des Berliner Architekten Sebastian Rohde und des Bauamtes Schwielowsee übernahm ein Team von sechs Leuten schließlich die Voruntersuchungen selbst. Insgesamt 434 Grundstücke wurden erfasst, die Bebauung bewertet und schriftlich aufgezeichnet. 400 Arbeitsstunden wurden geleistet. Während ein Planungsbüro ein Jahr für die Arbeit benötigt hätte, schafften es die Wildparker in drei Monaten. Bei der jüngsten Geltower Ortsbeiratssitzung lag das Ergebnis auf dem Tisch. Und nicht nur der Ortsbeirat war bass erstaunt. Auch Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) zeigt sich vom ungewöhnlichen Engagement eingenommen. Und doch gab es noch die letzte Hürde: Die Voruntersuchungen sind nur der Startschuss für die noch erforderliche Arbeit, die von Profis angepackt werden muss. Etwa 8700 Euro werden dafür noch benötigt. Die Bürgerinitiative legte eins nach und sagte zu, die Hälfte der Kosten selbst zu tragen. Hoppe: „Eine solche Form von Beteiligung ist einmalig im Land Brandenburg.“ Da sollte auch die Gemeinde nicht zurück stehen, findet sie. Für das fehlende Geld hat Hoppe der Initiative ihre Unterstützung zugesagt. Jetzt muss sie die Gemeindevertreter überzeugen: In der nächsten Sitzung am 15. September soll mit dem Nachtragshaushalt auch die andere Hälfte des Geldes bewilligt werden. Mit der Finanzierung könnte ein Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan gefasst werden. Durch eine sogenannte „Veränderungsperre“ könnten weitere Bausünden dann bis zum Abschluss der Planung verhindert werden. BI-Sprecherin Ute Märker verweist auf den Zeitdruck: „Wenn wir noch lange warten, brauchen wir hier wirklich keinen Bebauungsplan mehr.“

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