zum Hauptinhalt

KulTOUR: Vergnüglicher Abend mit Curt Goetz

Michendorf - Die Kleine Bühne Michendorf ist nun wirklich keine große Bühne, aber eine mit Profil. Von Anfang an, das war 2010, hat es das eloquente Ensemble um Christine Hofer geschafft, Theaterernst mit überschäumender Spielfreude zu verbinden.

Stand:

Michendorf - Die Kleine Bühne Michendorf ist nun wirklich keine große Bühne, aber eine mit Profil. Von Anfang an, das war 2010, hat es das eloquente Ensemble um Christine Hofer geschafft, Theaterernst mit überschäumender Spielfreude zu verbinden. Keine feste Spielstätte auf der einen Seite, ein treues Publikum auf der anderen. Ihre neueste Produktion, zwei Einakter des Schauspielers und Autors Curt Goetz (1888–1960), musste sogar auf die bewährte Spielstätte im Michendorfer Gemeindehaus „Zum Apfelbaum“ verzichten. Aber Not macht bekanntlich Tugend. Und so erlebte ein begeistertes Publikum jüngst drei Vorstellungen im Wilhelmshorster Gemeindehaus, inklusive der Premiere. Keine große Bühne also für die Kleine Bühne, eher eine Zimmertheatervariante.

„Hund im Hirn“ erzählt, wie es einem alternden Medizinprofessor gelingt, die Untreue seiner um vieles jüngeren Gattin zu beweisen. Zuvor wurde das Publikum im Flur mit „Veronika, der Lenz ist da!“ und Kostümen der 20er-Jahre begrüßt. Dann aber hatte Ralf Konietzny als Butler seinen großen Auftritt: anfangs altersschlürfend und trübe, dann plötzlich mit Wilson-Pickett-Soul, so eröffnete er den 90-minütigen Theaterabend. Eine kleine Show im Boulevard. Die Ungetreue nun will gar nichts zugeben, doch der Biss des Hausköters in den Arm des Liebhabers dreht die Geschichte. Nun gibt der Herr Tittori (Marcus Hagen Heinemann) alles zu, und verliert die schöne Dame Eva, die ohnehin einen fürs Herz und einen fürs Bett braucht. Klaus-Dieter Becker gibt den Professor mit Überlegenheit und viel Bühnenerfahrung, Christine Hofer (beide Male auch Regie) die schrille Schöne, die sich bald wieder an ihren Alten heranzirzt. Ein Ding mit witzig tiefem Sinn.

Auch „Minna Magdalena“ hält diesen flüssig-übermütigen Aufführungsstil bei. Hier nun sorgt sich ein gutbürgerliches Ehepaar um die Jungfräulichkeit ihres Dienstmädchens Minna (Mira Seesemann), weil die nämlich ständig abkippt. Mit 16 schwanger, das geht natürlich gar nicht. Also wird der ahnungslose Papa namens Sack heranzitiert, um ihm diese Nachricht möglichst schonend beizubringen. Slapstick bis zum Umfallen, urkomische Situationen und frische Ideen zuhauf, hier wird einfach mal „die Sau herausgelassen“. Natürlich ahnt der gewitzte Theatergast bald, dass da nichts dran ist an der „moralischen Verfehlung“ – was das professorale Ehepaar mit „undankbares Geschöpf!“ quittiert. Paul Barrett gibt den Hausherrn mit verklemmtem Schnaufen und Schwitzen, damit der „geschändete“ Papa Sack das arme Mädel nicht gleich totschlägt! Ein Glanz für Andreas Link, den Erz-Komödianten! Slapstick mit Hintergrund, Spielgrund nicht ganz ohne Tiefe. Fahrigkeit auch. Frau Professor wird von Christine Hofer diesmal gut gouvernantisch gespielt, die blutjunge Minna ist kurz und auch etwas schnippisch. Als Gruppen-Entree hörte man „Den kleinen grünen Kaktus“, obwohl der eher zu Teil eins des Abends gepasst hätte.

Ein turbulenter Abend voller Leichtigkeit, Spielfluss und Freude. Wenn es zu diesem Projekt auch mehr zu sagen gäbe, so in aller Kürze: Kleines Theater – diesmal ganz groß! Und da sollte es bis zum Herbst keine Anschlussvorstellungen geben, gerade hier, wo man in jedem größeren Zimmer spielen kann? Das wäre doch wohl gelacht ... Gerold Paul

Gerold Paul

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })