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KulTOUR: Verlags-Geplauder

Der Chef des Rimbaud-Verlages Bernhard Albers berichtete in Stahnsdorf über seinen Zweimannbetrieb

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Stahnsdorf - Das Leben ist das eine, Verlage sind das andere, meist jedenfalls. Was dazwischen ist, behandeln Verleger und ihre Autoren meist auf hierarchische Art, je größer, desto abhängiger der Schreiber, bekannt. Wie es auch anders gehen kann, demonstrierte Bernhard Albers am Donnerstag im Wilhelmshorster Peter-Huchel-Haus. Er ist Chef des 1981 gegründeten Rimbaud-Verlages in Aachen, ein offenbar florierender Zweimannbetrieb.

Albers, Jahrgang 1951, ist neben seinem Haupt-Portefeuille als Verlagskaufmann auch in theologischen und ägyptologischen Dingen bewandert. Lyrik und Prosa mehr oder weniger bekannter Autoren sind seine Spezialität. Ganz besonders hat er sich der fast vollständig vergessenen Literaten der Bukowina angenommen. Nach Prag ist dies die zweitgrößte Region Europas, wo deutschsprachige Literatur produziert wurde. 82 Bukowina-Bände gibt es bereits, mit Autorennamen wie Alfred Kittner, Selma Meerbaum-Eisinger, Alfred Gong, Immanuel Weissglas. Natürlich hat er auch deutlich bekanntere Schriftsteller im Verlagsprogramm, oft nur in Anthologien: Paul Celan, dessen „Todesfuge“ Europa so nachhaltig beeindruckte, Walt Whitman, Ernst Meister, Stefan George.

Ein Aspekt aber dürfte vor Ort von besonderem Interesse sein: Der eloquente Verleger setzt sich auch besonders für Peter Huchel und dessen Wohn-Nachfolger Erich Arendt ein. Sein literarisches Imperium umfasst rund 600 Titel von 200 Schriftstellern, wobei er sich offenbar immer wieder auch kleinere Auflagen leistet. Unter dem Titel „Im Lande Licht“ plauderte der Viel-Autoren-Kenner am Donnerstag mit Hans Dieter Zimmermann, Literaturwissenschaftler und Vorsitzender des „Vereins der Peter-Huchel-Gedenkstätte“. Passabler Besuch trotz Hochsommerabendhitze, lockere Atmosphäre, gleichwohl der Veranstaltungs-Titel vom Licht im Land reichlich unbelichtet blieb.

Bernhard Albers gab sich mit gehobenem Selbstbewusstsein ganz außerordentlich unkonventionell, sowohl in seiner verlegerischen Arbeit als auch sonst. Er erzählte endlos Geschichten von Autoren und ihren Erben, von Begegnungen jedweder Art, und wie er an die Rechte von Erich Arendt kam. Im Unterschied zu den großen Verlagen, wo es ums Geld und ums Überleben gehe, sei bei ihm alles persönlich. Er hat eine Idee, und die setzt er dann um, einfach so, mit Autoren, die er mag – wenn sich nicht Erben querstellen.

So entstand im 35. Verlagsjahr auch der Jubiläumsband „Die Welt kennt keine Poesie/100 Gedichte von 100 Autoren“, Grundlage dieses kurzweiligen Abends in Wilhelmshorst. Er las daraus Gedichte, zu wenig, um poetisch andocken zu können. Das Sprechen war wichtiger, zumal man sich von früher her kannte: Zimmermann hatte Albers mal kritisiert, aber das sei längst vergessen im animosen Literaturbetrieb.

Sein Verlagsprofil ist wirklich interessant und einen genaueren Blick wert: Er macht das, was ihm gerade gefällt und möglichst anderen gefallen soll. Er meidet editorische Wiederholungen („langweilig, interessiert doch keinen Menschen“), sucht ständig nach neuen Wegen und Ansätzen, denn als kleiner Verlag müsse man „immer was Ungewöhnliches machen“.

Und warum dies alles im Namen des Poeten und Rebellen Rimbaud? Einem Dichter gleich müsse man „wie ein Instrument werden“, sich wandeln, „in der Zeit stehen und immer neue Wege finden“, so Albers Lebens-Credo.

Ist nun wirklich alles ganz anders als bei den Großen? Vom Editorischen schon, vom Mainstream aus betrachtet eher nicht. Aber das war wohl auch gar nicht zu erwarten. Gerold Paul

Gerold Paul

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