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Potsdam-Mittelmark: Verletzende Worte in Stahnsdorf

Kommunalaufsicht ermittelt nach Kündigung im Rathaus gegen Bürgermeister

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Stahnsdorf - Die Kündigung einer Mitarbeiterin des Stahnsdorfer Rathauses zieht Kreise. Nachdem das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg die fristlose Entlassung der früheren Personalsachbearbeiterin am 19. August für ungültig erklärt hat (PNN berichteten), ermittelt jetzt die Kommunalaufsicht des Landkreises in der Sache gegen Bürgermeister Bernd Albers (BfB). Anlass ist eine Beschwerde des Stahnsdorfer CDU-Fraktionschef Claus-Peter Martensen. Er wirft Albers eine Amtspflichtverletzung vor. Grund: Nach dem verlorenen Gerichtsverfahren habe der Bürgermeister mit öffentlichen Äußerungen die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeiterin „in inakzeptabler Weise“ beschädigt.

Die Kommunalaufsicht bestätigte gestern den Eingang der Beschwerde. Zum aktuellen Stand wollte die Behörde keine Angaben machen. Man wolle der Sache nachgehen und auch die betroffene Mitarbeiterin befragen, hieß es. Stein des Anstoßes sind zwei Sätze, mit denen sich Bürgermeister Albers in den PNN hatte zitieren lassen: „Dass die mehrfachen Schlechtleistungen durch die Mitarbeiterin künftig besser werden, ist nach diesem fatalen Signal wohl nicht zu erwarten.“ Weiter hatte Albers erklärt, aus dem Kreis der Beschäftigten sei ihm zum Ausdruck gebracht worden, dass die Abwesenheit der Mitarbeiterin teilweise als „gewinnbringend“ angesehen wurde.

Aus Sicht des CDU-Politikers Martensen hat Albers damit eine Grenze überschritten. „Die öffentliche Äußerung des Bürgermeisters ist wie ein Schlag ins Gesicht, eine Diskreditierung einer Mitarbeiterin“, so Martensen. Die Äußerungen stellten objektiv eine Ehrverletzung dar, die geeignet sei, die Akzeptanz und fachliche Qualifikation der Mitarbeiterin in Zweifel zu ziehen. Als Hauptverwaltungsbeamter und Repräsentant der Gemeinde sei Albers in besonderer Weise verpflichtet, bei Personalangelegenheiten in der Öffentlichkeit die erforderliche Zurückhaltung walten zu lassen.

Albers selbst wollte sich gestern gegenüber den PNN nicht zu den Vorwürfen äußern. Allerdings bedaure er es „außerordentlich“, dass Kündigung und Gerichtsprozess überhaupt in der Öffentlichkeit debattiert worden seien.

Wie berichtet, war das Stahnsdorfer Rathaus von der 53-jährigen Personalsachbearbeiterin verklagt worden. Sie hatte ihren Platz im Rathaus räumen müssen, unter anderem weil sie ihre Arbeit 14 Minuten vor Dienstbeginn aufgenommen haben soll. Für dieses und andere mutmaßliche Vergehen erhielt die Frau zeitgleich drei Abmahnungen und die fristlose Kündigung. Die Entlassung wurde vom Landesarbeitsgericht in letzter Instanz für ungültig erklärt. Der Fall war bei den Richtern weitgehend auf Unverständnis gestoßen.

Dabei war die Liste der Vorwürfe des Rathauses lang: Außer dem zeitigen Arbeitsbeginn wurde der Mitarbeiterin unter anderem vorgeworfen, Dokumente nicht ordnungsgemäß getackert und Akten schlampig sortiert zu haben. Jetzt muss ihr die Gemeinde den seit Februar 2009 nicht gezahlten Lohn nachzahlen – nach PNN-Informationen beläuft sich die Summe von Prozesskosten und Gehaltsnachzahlung auf etwa 110 000 Euro. Tobias Reichelt

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