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Potsdam-Mittelmark: Verlustangst und Entwicklungsdruck

In der Leitbild-Diskussion für Stahnsdorfs Zukunft gehen die Ansichten deutlich auseinander

Stand:

Stahnsdorf - Die Stühle reichten nicht aus für alle interessierten Einwohner, die am vergangenen Donnerstag ins Gemeindezentrum kamen, um mehr über Stahnsdorfs Zukunft zu erfahren. Denn das versprach die Einladung der Bürgerinitiativen, die seit Monaten ein Leitbild für Stahnsdorf erarbeiten, das nun als 14-seitiges Papier vorliegt und öffentlich diskutiert werden soll.

Gleichzeitig publizierte auch die Gemeinde auf ihrer Internetseite ein Leitbild, das die Stahnsdorfer Potenziale eines wald- und gartengeprägten Wohnens stärken will. Allerdings gaben die Bürgervertreter dem Papier aus dem Rathaus an diesem Abend keine guten Noten, denn seit längerem haben sie in Stahnsdorf einen Problemstau ausgemacht. So werde „seit Jahren kräftig in die grüne Wiese hineingebaut“, befürchtete nicht nur Bert von Heydebreck, dass sich dieser Trend fortsetzen werde und die bisherige Lebensqualität im Ort belasten würde. Statt weitere Wohngebiete auszuweisen, sollte einer Lückenbebauung Vorrang eingeräumt werden. Wachsende Einwohnerzahlen sehen besonders viele Neuzugezogene mit Sorge, wie die anschließende Diskussion deutlich machte. Denn neue Wohngebiete würden neue Straßen brauchen und damit werde Stahnsdorf künftig reich gesegnet sein. Dieses Straßennetz jedoch wirke sich negativ auf das im Leitbild geprägte Bild vom Wohnen im Grünen und der gewünschten „Ruhe, wo irgendwie möglich“ aus. Und so gab es auch Kritik wegen fehlender Schallschutzmaßnahmen an der neuen L40, die Martin Heiland von der AG Verkehrskonzepte als Paradestraße bezeichnete. Die L77 neu, betitelte er als Autobahn, die quer durch die Gemeinde führen werde, um das Gewerbegebiet zu erschließen. Dabei sei mit dieser Straße nicht garantiert, dass sich das Areal auch wunschgemäß entwickle. Zudem sei der Ort mit mehreren Landes- und Kreisstraßen sowie künftig auch zahlreichen Hauptverkehrsstraßen geradezu von Verkehr eingekesselt, meinte Heiland.

Ganz anders sah das Georg Lehrmann vom regionalen Gewerbeverein, der Verkehr als Schlüssel für gewerbliche Entwicklung für unabdingbar hält. Nicht unwidersprochen blieb auch die Vermutung eines Elternsprechers, der äußerte, die Verwaltung besitze keine verlässlichen Zahlen, weshalb auch keine neue Kita geplant sei, obwohl es bereits eine lange Warteliste gebe. Ex-Gemeindevertreter Christian Pall stellte dazu fest, dass es sehr wohl eine Kita- und Schulplanung gebe. Während mehrere Initiativenvertreter die Transparenz kommunalpolitischer Willensbildung beklagten, verwies CDU-Fraktionschef Claus-Peter Martensen auf vielfältige Informationsmöglichkeiten, die von Internet über öffentliche Bürgerinformationen bis zu den Sitzungen von Ausschüssen und der Gemeindevertretung reichen. Überdies würden sich rund 80 Prozent der Leitbild-Ideen der Bürgerintiative auch in dem der Verwaltung wiederfinden. Martensen betonte, dass man den Zuzug nicht weiter forcieren werde, indem man weitere Baugebiete ausweise. Siedlungstätigkeit solle vielmehr durch Verdichtungen im Bestand stattfinden. Hier auch eine Verknappung zu erwarten, zeuge allerdings von Egoismus, stellte Martensen klar.

Initiativenvertreter Hans-Joachim Pfaff mochte hingegen nicht soviel Gemeinsamkeiten zwischen beiden Papieren erkennen. Er propheziete einen Verlust an Lebensqualität durch die Zunahme von Verkehr und weitere Wohngebiete, wenn man dem Leitbild der Verwaltung folge. Deshalb forderte Pfaff die Bürger auf: „Mischen Sie sich ein!“

Kirsten Graulich

Kirsten Graulich

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