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Potsdam-Mittelmark: Verrieseln als „geniale Lösung“

Forscher empfiehlt: Stahnsdorfer Rieselfelder beleben

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Stahnsdorf – Seit Jahren sinkt in Stahnsdorf der Grundwasserpegel, allein im kleinen Ortsteil Schenkenhorst seit 1990 um fast zehn Meter. Nun keimen alte Diskussionen wieder auf, dem Problem beizukommen. Als Lösungsoption gilt seit Jahren, die stillgelegten Stahnsdorfer Rieselfelder zu beleben. Jetzt gibt es dafür Rückendeckung aus der Wissenschaft: In den Augen von Professor Gunnar Lischeid wäre die Verrieselung von Klärwasser eine „geniale Lösung für ein gravierendes Problem.“ Statt geklärtes Abwasser in den Teltowkanal zu spülen, könnte es auf den Feldern verteilt werden, der Grundwasserpegel damit wieder steigen und weitere Sorgen wegfallen.

Der Professor am Leibnitz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung der Uni Potsdam referierte am Dienstagabend im Stahnsdorfer Gemeindesaal zu dem Thema. Die Gemeinde Stahnsdorf will die grünen Wiesen touristisch entwickeln, eine reizvolle Landschaft mit Aussichtsturm und Wanderwegen könnte entstehen. Warum eigentlich nicht?, fragte Wissenschaftler Lischeid. Dass Verrieselung und Tourismus zusammengehen, beweise das kleine Dorf Hobrechtsfelde im Barnim. Dort wird seit zehn Jahren in einem Modellprojekt geklärtes Abwasser auf Rieselfelder gebracht. Mit Hilfe von Fördermitteln sei eine grüne Landschaft entstanden, in der sich Wildpferde, Wasserbüffel und Touristen tummeln.

In Stahnsdorf hingegen wird das gereinigte Abwasser in den Teltowkanal abgelassen – was seine eigenen Probleme mit sich bringt: Trotz der Reinigung schafften es die Kläranlagen nicht, alle Schadstoffe aus dem Abwasser zu filtern. So finden sich Spuren von Schmerzmitteln und der Antibabypille darin wieder, erläuterte Lischeid. Das sogar mit negativen Folgen für die Fortpflanzung einiger Wassertiere. Statt das Abwasser gründlicher zu reinigen, könnte man es verrieseln – „der Reinigungseffekt im Boden ist viel intensiver“, so Lischeid. Damit wären gleich mehrere Probleme gelöst: Die Wasserqualität des Teltowkanals steigt, ebenso der Grundwasserpegel. Und auch die Froschpopulation wird geschützt.

Bis dahin gelte es noch eine Menge Arbeit zu leisten: Die Wissenschaft muss weiter forschen und die Politik gemeinsam auf die Nutzung der Rieselfelder hinarbeiten, so der Tenor des Abends.

Die SPD–Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein hatte zu dem wissenschaftlich-politischen Austausch eingeladen. Dass die Rieselfelder in der Region nicht nur von Politikern in Wahlkampfzeiten heiß begehrt sind, sondern auch von Energieerzeugern, ist bekannt. Seit langem gibt es Pläne, die Felder bei Schenkenhorst mit Windkraftanlagen zu bestücken. Auch Solarexperten haben auf den freien Flächen Energiepotenzial ausgemacht. Tobias Reichelt

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