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Eichenprozessionsspinner im Gänsemarsch. In langen Prozessionen marschieren die Raupen im Frühjahr zur Nahrungssuche in die Eichenkronen. Der Falter ist ungefährlich.

© A. Klaer

Schwielowsee kämpft gegen Eichenprozessionsspinner: Verstärkung für Kuckuck und Wanze

Die CDU in Caputh hat Bürger und Fachleute über den Eichenprozessionsspinner diskutieren lassen: Voraussichtlich erst ab dem 20. Mai geht es der Giftraupe an den Kragen.

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Schwielowsee - Anerkennung von Saskia Ludwig: „Hut ab, wie sich die Gemeinde Schwielowsee kümmert.“ Das Thema am Dienstagabend im Caputher Gildehaus war der Eichenprozessionsspinner, die CDU-Landtagsabgeordnete hatte Fachleute und Bürger zum Austausch eingeladen. Schwielowsee gehört zu den Gemeinden des Landes, die besonders stark von diesem hartleibigen Zahnspinner betroffen sind. Voraussichtlich Mitte Mai soll es den Giftraupen an den Kragen gehen. Natürliche Feinde haben sie kaum, der Kuckuck ist einer der wenigen Vögel, der sie verdaut.

Unter den 40 Gästen meldeten sich einige, die in Kontakt mit den Brennhaaren der Raupe geraten sind. Die Medizinerin und CDU-Kommunalpolitikerin Carmen Klockow veranschaulichte, wie es zu den Hautirritationen und toxischen Reaktionen kommen kann. Das Histamin, bekannt aus Brennnesseln, führe mit dem Eiweißgift Thaumetopoein und weiteren Giften zu Hautreizungen, Quaddeln und Streureaktionen – bis hin zu Husten, Atemnot, Schockzuständen. Nach dem Hautkontakt soll man nicht kratzen, kaltes Wasser verschafft Linderung. Besucher berichteten, dass die Caputher Apotheke mit guten Salben ausgestattet sei. Die größere Gefahr sei, Brennhaare einzuatmen oder in die Augen zu bekommen, so Klockow. „Dann sofort zum Facharzt.“

Die Forst rückt den Schmetterlingsraupen seit Jahren mittels Sondergenehmigungen mit Hubschraubern und dem Bakterienpräparat Dipel ES zuleibe. Zumindest der Eichenkahlfraß hält sich daher in Grenzen. In Ortslagen bestehen größere rechtliche Hürden, die erst vor wenigen Wochen auf Bundesebene halbwegs ausgeräumt wurden. Die Kommunen dürfen Dipel zwar immer noch nicht von Helikoptern aus einsetzen, aber mit Hochdruckspritzen von unten, die das Gift 35 Meter weit in den Kronen verteilen, laut Schwielowsees Ordnungsamtsleiter Karsten Gericke „die zweitbeste Lösung“.

Die Firma IKW aus Werder (Havel) bereite sich auf eine zweiwöchige Aktion vor. Über 1500 Eichen sollen an Straßen, auf Campingplätzen und Friedhöfen behandelt werden, außerdem 500 Bäume auf Privatgrundstücken. Grundstückseigner konnten sich dafür bei der Gemeinde anmelden. Sie zahlen pro Baum 35 Euro. Begonnen werde in Wildpark-West, dann folge Geltow, Ferch, zum Schluss Caputh. „Dort dauert es am längsten“, so Gericke, „allein am Schmerberger Weg zwei Tage“.

Für die Bekämpfung sollten die jungen Larven noch keine Brennhaare ausgebildet haben. Das ist unter normalen Bedingungen Ende April der Fall. Vizelandrat Christian Stein (CDU), selbst aus der Forstbranche kommend, informierte, dass es durch den langen Winter später werde, wohl ab 20. Mai. „Wenn es richtig warm wird, kann sich das nach vorn verschieben.“ In Schwielowsee will man die Einwohner mit Lautsprecherwagen informieren, bevor der Minitraktor mit der Spritze kommt. Die Bürger sollten dann sicherheitshalber keine Wäsche raushängen oder Dinge im Garten lassen, so Gericke. Unverdünnt kann es beim Kontakt mit Dipel zu leichten Hautreizungen kommen. Das Bekämpfungsmittel wird aber stark verdünnt, Gesundheitsgefährdungen sind in der Form nicht dokumentiert.

Bei der Abwägung zwischen dem Giftcocktail der Raupe und Dipel spreche vieles für das Bio-Insektizid, wie es hieß. Es schont natürliche Feinde des Spinners, wie Wanzen oder Schlupfwespen. Auch wenn die Genehmigungssituation nicht abschließend geklärt ist, wird der Landesforstbetrieb die Wälder bis an die Kanten befliegen. An sich sollte, wie in den Vorjahren, 35 Meter Sicherheitsabstand eingehalten werden, so steht es in der Sondergenehmigung des Bundes. „Der Landesforstbetrieb wird das auf seine Kappe nehmen“, so Vizelandrat Stein. Denn gerade, wo Licht und Wärme herrscht, fühlt sich der Schädling besonders wohl.

Erledigt sein wird das Problem im Mai dennoch nicht, glaubt Ordnungsamtschef Gericke. 2014, hofft er, kann der Schädling auch in Ortslagen von oben bekämpft werden. Die Kronennester sind so besser zu erreichen, die Erfolgsrate ist mit 80 Prozent höher als mit der Spritze. Der Hersteller von Dipel ES, die Firma Stähler, hat eine Genehmigung des Pflanzenschutzmittels als Biozid beantragt, das würde den Einsatz in öffentlichen Bereichen und zum Gesundheitsschutz vereinfachen.

Saskia Ludwig befand abschließend, dass in keiner anderen Kommune die Bekämpfung „so generalstabsmäßig“ organisiert sei wie in Schwielowsee. Offen ist auch hier noch die Laubentsorgung: Vertrocknete Brennhaare sind bis zu zwölf Jahre im Laub aktiv. Auch aus der Abfallwirtschaft gibt es dafür keine Antwort.

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