KulTOUR: Verstaubte Kompositionen ins Heute geschleudert
Die „Caputher Musiken“ starten mit friderizianischen Klängen in die neue Saison
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Schwielowsee - Einen besseren, ja glücklicheren Auftakt in die siebzehnte Saison hätte sich das Team der „Caputher Musiken“ gar nicht wünschen können, trotz des En-vogue-Titels „Zur Soiree beim großen Fritz“ am Samstag. Wenigstens war im Programmheft „groß“ ganz klein geschrieben. Nach den offiziellen Jubelreden zum Dreihundertsten in Dorotheas Festsaal ließ Andreas von Zadow Adolph Menzels Bild „Flötenkonzert in Sanssouci“ herumgeben, da waren fast alle drauf, die sich als „Berliner Schule“ auch in Caputh die Ehre gaben, die Herren Quantz, Benda, Schaffrath, der „Potsdamer Bach“ Carl Philipp Emanuel und natürlich der Kompositeur selbst.
Den heutigen Interpreten der friderizianisch-höfischen Klangwelt – Johanna Bartz, Traversflöte, Jule Hinrichsen, Barockcello, und Daniel Trumbull, Cembalo – darf man schon mal vorab bescheinigen, als „Ensemble Baroque“ der UdK Berlin wirklich Großes geleistet zu haben, und das nicht nur für die mitgereisten Hauptstädter, die sukzessive sehr staunten, mitten in der Landschaft so ein Schnuckelchen von Schloss vor Augen zu bekommen. Auch andere Besucher waren vom herzerfrischenden Vortrag der jungen Musiker restlos überzeugt, sogar glücklich. Kein Wunder, zwei von ihnen gehören ja schon zur „Rheinsberger Hofkapelle“.
Wer Ohren hatte, es zu hören, konnte die ganze Raffinesse des Programmablaufs genießen. Am Berliner Hof kamen ja ganz unterschiedliche Kompositionsstile zusammen, dem Fridericus mehr oder weniger gefällig. Kurioserweise waren etliche Stücke nie in der Öffentlichkeit zu hören und wurden auch nicht verlegt, so etwa Friedrichs Flöten-Sonate für Traverse, die ein hübsches Recitativo im Stil seiner Zeit enthält. Johann Joachim Quantzens Trio-Sonate für Flöte, Violoncello und Cembalo in G-Dur dürfte auf ihn einen sehr ordentlichen Eindruck gemacht haben, ein bisschen Staccato, etwas beschwingt, eher konventionell.
Franz Bendas D-Dur-Sonate für Violoncello und Basso Continuo vermutlich auch, selbst als dessen zweiter Satz zu Cellos Jubelpart geriet. Carl Philipp Emanuel Bachs damals unveröffentlichte a-moll-Sonate für Flöte vermutlich weniger. Dafür ließ sie samstagabends den gesamten Festsaal staunen. Neben gefälligen Läufen erlebte man abenteuerliche Oszillationen in der Melodieführung, Heber, Brüche, als hätte sich Altes mit Neuem zu streiten. Johanna Bartz versicherte, nichts hinzugetan zu haben, trotzdem klang dieses Stück, als sei es höchstens fünfzig Jahre alt. Dreimal Bravo!
Aus seiner „Preußischen Sonate“ für Cembalo solo in F-Dur war so einiges über seinen Brötchengeber herauszuhören, sogar ein Schippchen Spott. Ein Duett für Flöte und Cembalo von Christoph Schaffrath und Bendas e-moll-Sonate für Flöte und Basso, welche dem Cello überraschend freche Eingriffe erlaubte, vervollständigten das in allen Teilen bravouröse und ausgemacht heitere Konzert. So wunderbar und locker die Interpreten spielten, so sympathisch war ihre Moderation. Man sollte darauf achten, was sie über eine Komposition zu sagen wussten! Ihre kaum zu bändigende Leidenschaft für die Alte Musik schleuderte die verstaubten Kompositionen von Anbeginn so leicht wie unbefangen in einen jugendfrischen Erziehungsprozess – und das Publikum dazu. So kann das weitergehen mit der weltlichen Allianz von UdK und den „Caputher Musiken“.
Am 24. März findet um 18 Uhr im Gemeindehaus in Caputh ein Passionskonzert mit dem Meccorre Quartett statt.
Gerold Paul
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