Aus dem GERICHTSSAAL: Vertreterin eingesperrt?
Stahnsdorfer gibt zu, bei Versicherungsagentin überreagiert zu haben
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Stahnsdorf – „Ich habe die Versicherungsvertreterin nicht eingesperrt. Allerdings habe ich mich ihr in den Weg gestellt, um sie am Verlassen des Hauses zu hindern. Tut mir leid, ich habe überreagiert“, pariert Thomas T.* (46) die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Sein mitangeklagter 78-jähriger Vater hingegen sieht sich völlig zu Unrecht vor Gericht. „Ich bin krank. Mir zittern die Hände. Ich kriege überhaupt keinen Schlüssel mehr ins Schloss“, beteuert er.
Folgt man den Ermittlungen der Anklagebehörde, so verriegelte Sohn Thomas am 20. September 2006 die Wohnzimmertür im Haus seiner Eltern in Stahnsdorf, wollte erst wieder aufschließen, wenn die Versicherungsagentin Gisela G. einen mit ihnen geschlossenen Vertrag für null und nichtig erklärt hatte. Als die Frau in Panik aus dem Fenster springen wollte, soll Vater Theodor T.* das Gartentor seines Grundstücks verschlossen haben.
„Meine Eltern hatten mich gebeten, mit Frau G. einige Ungereimtheiten in ihrem Versicherungsvertrag zu klären“, berichtet Thomas T. Die Vertreterin habe ihm zugesichert, bei ihrem Besuch eine neue Police auszufüllen, die den Vorstellungen der Eltern entspräche. „Dann versuchte sie allerdings, die alten Konditionen beizubehalten. Das machte mich wütend. Ein Wort gab das andere.“ Als Gisela G. gehen wollte, ohne einen neuen Vertrag aufzusetzen, habe er ihr mit seinem Körper den Rückzug abgeschnitten. „Sie öffnete das Flurfenster, schrie um Hilfe. In dem Moment sah sie meinen Vater am Gartentor. Der hat aber nur geprüft, ob es wie üblich verschlossen ist. Das macht er öfter“, erklärt der wegen Freiheitsberaubung und Nötigung Angeklagte. „Stimmt, ich war am Tor“, bestätigt Theodor T. „Erst war ich auch im Wohnzimmer. Aber dann bin ich nach draußen gegangen, weil ich das Gesabbel nicht mehr mit anhören konnte.“ „Wäre es nicht einfacher gewesen, den Versicherungsvertrag zu kündigen?“, fragt Amtsrichterin Kerstin Devriel. Thomas T. erzählt etwas von Fristen, die seiner Ansicht nach bereits verstrichen gewesen wären.
„Ich bin seit 1979 in der Branche tätig. Aber so etwas ist mir noch nicht passiert“, versichert Gisela G.* (53) im Zeugenstand. Thomas T. sei barsch ins Wohnzimmer seiner Eltern gekommen, gleich aufbrausend und beleidigend geworden. „Das wollte ich mir nicht bieten lassen.“ Als er die Tür verschlossen habe, aus ihrer Sicht auch der Rückweg übers Fenster durch die Gartenpforte versperrt war, habe sie Todesangst bekommen. Unter Zwang habe sie dann bestätigt, dass der Versicherungsvertrag so nicht aufrechterhalten werden solle. „Dann durfte ich gehen. Ich war psychisch total angeschlagen und bin am nächsten Tag zum Arzt gegangen“, so Gisela G. Der bestätigte, die Patientin habe noch in der Sprechstunde geweint und gezittert. Das Gericht schlägt vor, das Verfahren gegen Vater und Sohn T. gegen Zahlung von 1500 Euro Schmerzensgeld an Gisela G. einzustellen. Die Staatsanwaltschaft ist dagegen, braucht mehr Kenntnisse über die bewusste Police. So geht der Prozess am 28. Juni in eine neue Runde. (*Namen geändert.) Hoga
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