Von Tobias Reichelt: Viele Köche machen guten Brei
Sie quatschen, schnippeln und würzen – der Männerkochkreis der Evangelischen Kirche Kleinmachnow
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Kleinmachnow - „Männer, es wird ernst“, ruft Jürgen Flechtner in den Saal des Kleinmachnower Gemeindehauses. 18 gestandene Kerle haben sich hier in der evangelischen Kirche im Jägerstieg um eine Tafel versammelt. Vor ihnen liegen rohe Kartoffeln, Möhren, Salzgurken und einige Schneidebretter samt Messer. Daneben stehen 18 geöffnete Bierflaschen, gefüllt mit schlesischem Pilsner. Wenige Augenblicke später sind Schürzen verteilt und das große Kochen kann beginnen.
Seit sechs Jahren gibt es in Kleinmachnow den evangelischen Männerkochkreis. Die bunte Truppe im Alter zwischen 40 und 83 Jahren trifft sich jeden dritten Dienstag im Monat zum gemeinsamen Schnippeln, Quatschen und Essen. Frauen sind fehl am Platz. Rund um die Teeküche verteilt schneiden hier Männer an Zwiebeln, rühren in Töpfen und reden über Fußball, Filme oder Fluglärm.
„Wir wollen hier miteinander kochen und über Gott und die Welt reden“, erklärt Pfarrer Jürgen Duschka. Der Hobbykoch zählt zu den Initiatoren des Kochkreises. „Wir wollten auch mal die Männer in die Kirche bekommen“, sagt er. Meist seien es die Frauen, die den Kontakt zur Kirche hielten. Mit Kochen funktioniere das aber auch bei Männern erstaunlich gut – an Alternativen wie Skat habe hier noch niemand gedacht. „Da kann man sich nicht unterhalten.“ Entweder man spielt oder man redet. Beim Kochen lassen sich mehrere Sachen vereinen.
In kleinen Grüppchen wird im Gemeindesaal am Vier-Gänge-Menü gearbeitet. Auf der Karte stehen heute Häckerle auf Brot, eine Gurkensuppe, zum Hauptgang ein Schlesisches Himmelreich aus Backpflaumen und Speck an Kartoffelkliessla sowie Mohnpielen zum Nachtisch. „Wir haben unsere Ehefrauen zu Hause testen lassen“, verrät Jürgen Flechtner. Der Rentner ist erst seit einem halben Jahr im Kochkreis, heute leitet er zum ersten Mal das Kochteam an – ein zuvor ausgewähltes Dreiergespann kümmert sich um die Rezeptauswahl, besorgt die Zutaten, verteilt die Aufgaben und schmeckt am Ende ab. Knapp 20 Männer zu bekochen, das erfordert Regisseursgeschick. Immer wieder sind Flechtners Anweisungen im Stimmengebrumm zu hören.
Claus Paetzold rührt indes seelenruhig in einem großen Topf in der Teeküche. Immer wieder muss er in dem engen Raum beseite treten, aber lässt sich nicht beirren. „Das ist hier schon eine Herausforderung“, sagt Paetzold. Nicht nur der Platz ist begrenzt, es gibt zudem nur vier Kochplatten und zwei Campingherde. „Wir sind kein erlesener Kreis von Spitzenköchen“, sagt auch Alexander Hartge. Im Kochkreis werde bodenständig gekocht. Allerdings gab es auch schon Ausnahmen, wie Austern, Lachssalat oder Wildschwein überm Lagerfeuer.
Bodo Bohn, Vorsitzender des Gemeindekirchenrats, ist Kochkreis-Mitglied der ersten Stunde. So richtig daneben ging hier noch kein Menü, sagt er. Erstaunlich: Die meisten Männer werden von ihren Frauen angemeldet. „Sie hoffen wohl, dass sie dann auch zu Hause öfter kochen – bei mir hat das aber nicht geklappt.“ Nur einmal im Jahr werde der Männerkochkreis für Frauen geöffnet, erzählt Claus Paetzold. „Dann werden sie bekocht und können sich vergewissern, was wir hier machen.“
Kirchlich ist im Kochkreis eigentlich nur das Tischgebet. Außerdem sammeln die Männer Spenden und bezahlen so einigen Kindern an der Förderschule das Mittagessen. Andreas Schneider ist erst seit kurzem Mitglied, doch die Sucht hat ihn gepackt: „Wenn ich nicht zum Kochkreis kann, bin ich todkrank“, sagt er und Alexander Hartge nickt. „Wir schnippeln und quasseln eben gerne.“
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