Potsdam-Mittelmark: Vitamine für Haut und Auge
In Petzow wurde am Wochenende die Sanddornernte eröffnet. Die Plantagen sollen erweitert werden
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Werder (Havel) - Orange leuchten die Felder bei Bliesendorf. Die Zweige der Sanddornsträucher hängen so voll, dass kaum noch die eigentlichen Sträucher zu sehen sind. „Wenige Beeren am Tag reichen völlig, um den Vitamin-C-Bedarf zu decken“, sagt Frank Watzke am Samstag beim Rundgang über die Felder anlässlich des elften Erntefestes vom Petzower Fruchterlebnishof Christine Berger. Der Pensionär steht gestikulierend zwischen den Sträuchern, in türkisfarbenem Hemd und brauner Hose pflückt er die orangefarben leuchtenden Früchte und reicht sie herum. Die Besucher verziehen ihre Minen ob des bitteren Geschmacks.
„Zitrone des Nordens“ lautet der Beiname des Sanddorns. Frank Watzke erläutert deren Eigenschaften: die Vitamine C, E und K seien gut für Blut und Stoffwechsel, das Provitamin A gut für die Augen. Seine Besucher hören aufmerksam zu, wie er zu Aufzucht, Verbreitung und Ernte erzählt. „Sanddorn versorgt sich selbst“, weiß der routinierte Erzähler, dem die Führung sichtlich Freude bereitet. „Es handelt sich hier um gezüchtete Sorten, die auch Frost bis 30 Grad unter Null überstehen.“ Die Wurzeln dringen breit und flach in den Sandboden ein, ideal für die Böden rund um Petzow.
Über die weithin sichtbaren Sanddorn-Hecken senkt sich der Geruch von Gülle. Leichter Wind weht, wenige Hundert Meter entfernt schimmert lindgrün ein Gülle-Tank durch die Hecken. „Hier ist alles öko“, ergänzt Andreas Berger die Schilderungen zum zertifizierten Bio-Betrieb. Ökologischer Landbau heißt für Bergers: kein Dünger, kein Pflanzenschutzmittel. Zwischen den Sanddorn-Reihen wächst Gras kniehoch. Klee und wilde Möhren gedeihen darin. Die Beeren seien nicht nur für Menschen gesund, auch 40 Vogelarten oder Rehe ernährten sich von den Beeren.
Vier Sorten baut der Familienbetrieb, bei dem 24 Mitarbeiter sich um Anbau und Verarbeitung der Früchte kümmern, auf den Plantagen zwischen Plötzin und Petzow an. Im Vitamin-C-Gehalt sind sie unterschiedlich, im Wuchs können auch die Besucher die Sorten unterscheiden. Einzelne Reihen sind schon abgeerntet, obwohl sie zum Wohl der Pflanze noch viele Beeren tragen, andere treiben erst im nächsten Jahr wieder.
Die Ernte ist bereits in vollem Gange. Berger sieht Ende September schon den Abschluss, zwei Wochen früher als sonst aufgrund des idealen Wetters. Die Qualität sei gut, die Menge stimme, die Beeren seien ausreichend groß und saftig. Wo Felder und Äcker derzeit umgepflügt sind, sieht Berger weiteres Wachstumspotenzial für den Betrieb. Zu den 550 Hektar – ein Drittel davon ist eigenes Land – will er weitere Flächen pachten.
Das Ende des Wachstums mit den Produkten aus den orangenen Beeren ist für Andreas Berger nach 20 Jahren noch immer nicht absehbar. „Wir sind mit unseren Produkten in ganz Europa vertreten“, betont er. Jetzt sehe er auf dem Balkan einen wachsenden Markt. „Wir haben noch nicht alles erschlossen“, ist sich der Obstbauer sicher. Auch Korea und Japan würden verstärkt anvisiert. Russland zähle für den Familienbetrieb ohnehin nicht zum Absatzmarkt, sodass das Einfuhrverbot die Petzower nicht betreffe.
Etwa 60 Produkte umfasst das Sortiment des Familienbetriebs Berger inzwischen. Neben dem Sanddorn-Saft sei die Marmelade sehr beliebt. Für deren Vermarktung ist Christine Berger zuständig. Sie stimmt mit ihrem Mann überein: Das wachsende Gesundheitsbewusstsein eröffne weitere Wachstumsmöglichkeit – wozu er auf mehr Flächen anbaut und sie mehr Produkte entwickelt. Zur Ernährungslinie mit den gesunden Lebensmitteln komme eine Kosmetik-Linie auf Sanddorn-Basis.
Auch Frank Watzke betont auf dem Plantagenrundgang, dass das Sanddorn-Öl für die Regenerierung der Haut sehr gesund sei. Die Besucher auf den Plantagen ernten noch flugs einige Beeren und fahren mit ihrem Reiseleiter zurück von den Feldern zu den Häusern in Petzow. Dort wandelt man zwischen Produktionsstätten und Verzehr-Orten, von der neuen Produktionshalle zum Restaurant. Es ist bunt, es ist warm, Blüten und Früchte werfen ihre Farben auf den Hof: Gelbe Quitten, rote Beeren, bunte Verkaufs- und Informationsstände rund um Gesundheit und Landwirtschaft umrahmen die Gebäude. Orangefarbene Sanddorn-Zweige dekorieren die Tische.
Etwas lärmend hallt von der neuen Produktionshalle Schlagermusik zum Restaurant, wo Gäste aus Berlin und Potsdam die Sonne und den Blick zum Glindowsee genießen. Obstwein wird vorsichtshalber in Flaschen mitgenommen, getrunken wird Kaffee und Wasser. Und eingepackt werden zahlreiche Sanddorn-Setzlinge für den Garten, um das leuchtende Orange auch zu Hause zu genießen.
Thomas Wendel
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