Potsdam-Mittelmark: Volle Schulbusse ohne Begleiter
Betreuer könnten Busse sicherer machen sagt der ADAC - leider fehlt im Landkreis dazu die Kraft
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Potsdam-Mittelmark - In den Schulbussen des Landkreises geht es manchmal chaotisch zu. Die Unfallgefahr ist immens, wenn Kinder durch den Bus toben und der Busfahrer sich kaum auf den Straßenverkehr konzentrieren kann. Das weiß auch Marianne Schmidt, Sprecherin der Havelbus Verkehrsgesellschaft mbH. Aber was ist zu tun, damit der Weg zur Schule möglichst gefahrlos vonstatten geht?
Der Landkreis steht mit dem Problem nicht allein da: Dass es in Deutschlands Schulbussen oft voll ist, Sitzplätze fehlen und die engen Fahrpläne Busfahrer zum Rasen bringen, darauf machte der ADAC in der Märzausgabe seiner Zeitschrift „Motorwelt“ aufmerksam: Busse seien schlecht gewartet, im Inneren wird gedrängelt und geschubst. Zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen, wie Extra-Spiegel oder Schulbusbegleiter, die für Ruhe sorgen könnten, sind rar. Anlass genug, in Potsdam-Mittelmark nachzuhaken.
Technisch seien die Havel-Busse in Ordnung, sagt Firmensprecherin Schmidt. Über den Tüv hinaus gibt es regelmäßige Checks. Selbst die vom ADAC geforderten Einstiegsspiegel sind durchweg vorhanden. Und auch Sitzplätze würde es ausreichend geben, behauptet Schmidt. „Aber Viele wollen gar nicht sitzen“, klagt sie über das Benehmen der jungen Fahrgäste.
Anita Tack, Präsidentin der Landesverkehrswacht Brandenburg und Linken-Abgeordnete, widerspricht: „Wie wollen wir von den Kindern bei den langen Fahrzeiten noch Disziplin erwarten?“ Auch Kreiselternsprecher Martin Köhler ist anderer Meinung als Schmidt: „Viele Eltern sind unzufrieden, weil die Busse zu voll sind und zu lange fahren.“ Schuld seien die Einsparungen bei den Busunternehmen, klagt Köhler. Bei weiteren Schulschließungen im ländlichen Raum werde sich das Problem verstärken, befürchtet er – immer mehr Kinder müssten dann immer länger mit dem Bus zur Schule fahren.
Anita Tack macht auf eine Möglichkeit aufmerksam, die die Havelbus für nicht finanzierbar hält: Den Schulbusverkehr vom Linienverkehr zu trennen. Die rechtlichen Spielräume würden sich damit vergrößern: „In richtigen Schulbussen ist für jeden Schüler ein Sitzplatz vorgeschrieben, im Linienverkehr nicht“, so Tack. „Bei einer Gefahrenbremsung kann das schlimme Folgen haben“, warnt sie. Auch andere Sicherheitsvorkehrungen, wie Warnschilder am Heck der Busse, sind gesetzlich nicht vorgesehen – bei Havelbus auch nicht vorhanden, räumt Geschäftsführer Dieter Schäfer ein.
Davon abgesehen besteht auch die Chance, Busbegleiter einzusetzen – laut ADAC sind sie ein einfaches Mittel, um den Bus für Kinder sicherer zu machen. Doch in ganz Potsdam-Mittelmark setzt Havelbus nur zwei Betreuer auf Schwerpunktlinien ein. Vor rund zwei Jahren waren zehn. Leider nicht lange, klagt selbst Havelbuschef Schäfer. Die meisten als Ein-Euro-Jobber angestellten Betreuer verloren die Lust am stressigen Job.
Dabei beweist Havelbus selbst, dass es in anderen Landkreisen besser geht: Im Havelland begleiten 16 Schulbusbetreuer, organisiert von der Landesverkehrswacht, die Kinder in den Havelbussen. Ohne Hilfe geht es offenbar nicht. Deshalb fordert Anita Tack alle Verantwortlichen – Land, Kreis, Schulamt und Verkehrsbetriebe – auf, endlich auf die unzumutbare Situation in den Bussen zu reagieren. Wenigstens bei den Grundschülern müssten Betreuer mitfahren, fordert die Abgeordnete.
Selbst eine Gurtpflicht könnte die Sicherheit erhöhen, findet Elternsprecher Köhler. Auch Tack plädiert für die Anschnallpflicht: „Warum soll für Kinder nicht auch gelten, was bereits für Touristen vorgeschrieben ist?“, fragt sie. Bis es soweit ist, hat Elternsprecher Köhler für seine Kinder eine andere Lösung: Sie fahren mit der Bahn zur Schule – die sei schneller und vor allem leerer.
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