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Potsdam-Mittelmark: Vom Gewölbe bis zum Glockenstuhl

Entdeckungen in sonst verschlossenen Räumen der Holzkirche / „Norwegische Tage“ werden vorbereitet

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Entdeckungen in sonst verschlossenen Räumen der Holzkirche / „Norwegische Tage“ werden vorbereitet Von Georg Jopke Stahnsdorf - Im März 2005 wird es auf dem Südwest-Kirchhof „Norwegische Tage“ geben. In der 1908 erbauten und in den vergangenen Jahren aufwändig sanierten großen Kapelle sollen Vorträge, Konzerte und anderen Veranstaltungen die Möglichkeit bieten, das Land und die Leute von der skandinavischen Halbinsel noch besser kennen zu lernen. Dazu gehört auch eine Plakatausstellung über die dortigen Stabholzkirchen. Das hat einen guten Grund: Als Architekt Gustav Werner die Entwürfe für das Gotteshaus auf dem Stahnsdorfer Kirchhof schuf, ließ er sich von den norwegischen Holzbauten inspirieren, bei denen die Zimmermannstechnik der Wikinger ihre Fortsetzung fand. Ein detailgetreuer Nachbau wie die weit bekannte Kirche Wang im Riesengebirge ist es aber nicht, auch weil das Gebäude auf dem Südwest-Kirchhof keine Gemeindekirche sein sollte, sondern als Trauerkapelle gedacht war und auch dem hiesigen Umland gerecht werden musste. „Wir bezeichnen sie deshalb nur als Norwegische Holzkirche", sagte Kirchhofsverwalter Olaf Ihlefeld, als er am Sonnabend eine überraschend große Besucherschar zur Führung durch das Bauwerk begrüßte. Sie begann mit einem fundierten Exkurs durch die Geschichte: Gut 1200 Stabholzkirchen hatte es einst im holzreichen Norwegen gegeben, viele schon in der Vor-Christen-Zeit. Jetzt sind es noch über zwanzig. Die Wanderung durch die Zeiten und den damit verbundenen Wandel der Kunstrichtungen besonders bei der Innengestaltung der Bauten führte immer wieder zu der ganz „aus Nadelholz“ errichteten Stahnsdorfer Kapelle mit ihrem 25 Meter hohen Turm, die inzwischen zu einer Stätte würdiger Veranstaltungen geworden ist. Anteil daran hat auch die 1925 von der bekannten Firma Sauer aus Frankfurt/Oder geschaffene Orgel, die über rund 700 Pfeifen aus Holz und Metall und über 14 Register verfügt. Volker Warnecke, viele Jahre bei Schuke in Potsdam tätig gewesen, fand mit seinen detaillierten Erklärungen zu dem Instrument, das „ganz mechanisch, ohne Elektrik“ ausgestattet ist, viel Beifall. Viel Resonanz fand am Sonnabend, dass mit den Vorträgen auch die Besichtigungen sonst verschlossener Räume und Fachgespräche im kleinen Kreis möglich waren. Die Besucher konnten vom Gewölbe bis zum 25 Meter hohen Glockenstuhl stiefeln und dort Dinge entdecken, die von hohem geschichtlichen Wert sind. Wie das „Christus Relief“, dessen Gips-Modell eine ganze Wand im Kellergewölbe einnimmt. Das Werk war 1912 für den Dom zu Gnesen geschaffen worden. Die Stadt kam aber nach dem ersten Weltkrieg zu Polen, wonach 1929 die evangelische Kirche das Werk kaufte und schließlich nach Stahnsdorf brachte. In einer benachbarten Kellernische lagert die Schmuckhülle des Sarges, mit dem die Leiche von Friedrich Wilhelm Murnau aus den USA nach Stahnsdorf zur Beisetzung gebracht wurde. Heute ist sie gelegentlich noch für Filmaufnahmen gefragt. Erhebliche Mittel sind in den vergangenen Jahren für die originalgetreue Sanierung der Kirche eingesetzt worden. Die Finanzierung war unter anderem Gegenstand eines Staatsvertrages zwischen Landeskirche und Landesregierung. „Das Innere des Hauses stammt noch vollständig aus der Bauzeit vor fast 100 Jahren", freut sich Olaf Ihlefeld und meint damit auch die von einer Berliner Firma geschaffenen hochwertigen Bleiglasfenster mit den schönen Ornamenten, mit denen die Trauerhalle als „Raum zur Ruhe und Besinnung“ geprägt wird. Die Kirche hat mit den Sanierungsarbeiten ihr Festtagsgewand angelegt. Die Gäste der „Norwegischen Tage“ können sich darauf freuen.

Georg Jopke

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