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Potsdam-Mittelmark: Vom Kleinkind bis zum Greis

Im „Alten Landrat“ zieht wieder Leben ein: Verein will generationsübergreifendes Wohnprojekt verwirklichen

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Im „Alten Landrat“ zieht wieder Leben ein: Verein will generationsübergreifendes Wohnprojekt verwirklichen Von Henry Klix Schwielowsee-Ferch. Generationenvertrag – ein gehaltvolles Wort. Ist es wirklich nur eine politische Vokabel für den Umstand, dass die eine Generation die Rente für die andere verdient? André Hohmann glaubt das nicht. Erfahrung und Frische, Ruhe und Bewegung, Konzentration und Dynamik – das menschliche Miteinander von Jung und Alt kann für beide Seiten eine Bereicherung sein, meint er. Hohmann ist Vorsitzender eines Vereins, der sich das Zusammenleben verschiedenster Jahrgänge zur Aufgabe gemacht hat: „Lebensraum PM e.V.“ heißt die Gruppe von Menschen, die ihre theoretische Überzeugung von den Chancen und Möglichkeiten eines generationsübergreifenden „Seit an Seit“ jetzt in die Praxis umsetzen will. Zum Ort der Handlung soll ab nächstem Sommer das ehemalige Gästehaus „Zum Alten Landrat“ in Ferch werden. Drei Säulen eines Konzepts könnten dafür sorgen, dass hier, direkt am Schwielowsee, „vom Kleinkind bis zum Greis“ alles unter einem Dach vereint wohnt. „Wie auf einem Bauernhof mit einer Großfamilie“, stellt sich Hohmann vor. Erste Säule soll ein „Miniaturkinderheim“ für etwa fünf Kinder und einen hier lebenden Erzieher sein. Zweite Säule ist eine alternative Kinderbetreuungsstätte – eine Kita mit unter 10 Kindern, für die es seit kurzem auch eine staatliche Förderung gibt. Die dritte Säule schließlich sind drei oder vier Apartments für Ruheständler, die es mit der Ruhe vielleicht nicht ganz so genau nehmen und bereit sind, das Experiment einzugehen. Hohmann stellt sich vor, dass bestimmte Betreuungsaufgaben von diesen Bewohnern übernommen werden, dass sie aber auch von der Hilfe der anderen, hier Wohnenden profitieren können. André Hohmann verhehlt nicht, dass mit dem Projekt ein Wagnis eingegangen wird. Bei den derzeit laufenden Umbauarbeiten werden Grundrisse des ehemaligen Schulungsheims verändert, ein Teil des Gebäudes bleibt aber unberührt. Er soll quasi erst mit der inhaltlichen Ausgestaltung des Konzepts wachsen. Hohmann selbst will als Bewohner in der Anfangsphase bei der Feinjustierung des Projekts mitwirken. Auch finanziell ist der Verein ein Risiko eingegangen: Um den „Alten Landrat“ zu erwerben, gründeten sieben der Mitglieder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Tilius GbR. Tilius, weil auf dem Gelände mehrere Linden stehen und „Tilius“ das lateinische Wort für Linde ist. Auch das Gebäude soll später „Tilius“-Haus heißen. Eine Million Euro sollen sukzessive in Um- und Ausbau investiert werden. Für 300000 Euro war die Immobilie durch den Landkreis ausgeschrieben, im Dezember bekam die Tilius GbR den Zuschlag. Der Kreistag fasste dazu einen Beschluss, weil die Teilnahme Hohmanns – er ist Mitarbeiter des Schulverwaltunsgamtes in Belzig – nicht unumstritten war. Am Schluss überzeugte das Konzept. Und wohl auch das, was Hohmann schon vorzuweisen hatte. Als Initiator des Domino e.V. ist er bereits an einem seit Jahren erfolgreich laufenden Miniaturkinderheim (5 Kinder) in Damsdorf beteiligt. „Das Konzept bringt nicht nur was für die Kinder, es ist auch kostengünstiger als die Unterbringung in großen Heimen“, sagt Hohmann. Und schließlich trägt der Kreis die Kosten. Auch in Ferch steht man dem Generationen-Projekt offen gegenüber. Natürlich auch, weil nun endlich wieder Leben in eine der größten Immobilien an der Uferpromenade einzieht, wie Ortsbürgermeister Roland Büchner (BBS) betont. Das ehemalige Schulungsheim des Kreises Potsdam-Land diente nach der Wende kurz in seiner alten Funktion weiter. Dann nutzte es die Mittelbrandenburgische Sparkasse für ihre Lehrgänge und als Gästehaus, die letzten Monate schließlich war es Spätaussiedlerheim. Seit 1999 steht das Haus leer. Die Idee der Gesundheitszentrum Teltow GmbH (GZG), hier ein Hospiz einzurichten, scheiterte am Ende an der Finanzsituation der nunmehr verkauften Kreistochter. Inzwischen sind die Hausinstallationen so verrottet, dass sie komplett erneuert werden müssen. Bis Sommer soll das geschehen, Dach und Fassade will der neue Eigentümer später in Angriff nehmen. Und auch die Lage am Wasser will die Tilius GbR nutzen: Durch Bootsausflüge auf dem schönen Schwielowsee. Nur einen Wermutstropfen gießt Ortsbürgermeister Büchner doch noch ins Glas: Dass, wie von André Hohmann gewünscht, ein neuer Steg unterhalb des Hauses errichtet wird, sieht er „eher nicht“.

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