Potsdam-Mittelmark: Von der Mitte aufs Land
Die ehemalige Pfarrerin der Garnisonkirche, Juliane Rumpel, tritt ihren Dienst in Langerwisch an
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Michendorf - Ihr Baucontainer-Büro hat sie gegen ein helles Arbeitszimmer mit Holzdielen und Blick ins Grüne getauscht. Die ehemalige Pfarrerin der Potsdamer Garnisonkirchengemeinde hat das Pfarrhaus in Langerwisch bezogen. Seit wenigen Tagen ist Juliane Rumpel in der evangelischen Kirchengemeinde Wilhelmshorst und Langerwisch tätig.
„Ich wollte mal eine klassische Gemeinde kennenlernen“, erklärt die 34-jährige Frau mit den kurzen blonden Haaren ihren Wechsel. Klassisch ist für sie alles, was sie bisher nicht hatte: eine feste Gemeinde, ein Pfarrhaus, regelmäßige Gottesdienste und Seelsorgearbeit. Vor drei Jahren hatte sie ihre erste Stelle in der künftigen Garnisonkirche angetreten, ihr Arbeitsort war die Interims-Kapelle aus Glas und Holz auf dem geschichtsträchtigen Grundstück in der Breiten Straße. In einem Baucontainer hatte sie ihr Arbeitszimmer. Während der Gottesdienste hatte Juliane Rumpel immer die vorbeifahrenden Autos im Blick: „So war man immer mittendrin.“
Jetzt streift sie regelmäßig durch ihren Garten hinter dem Pfarrhaus, das sie zusammen mit ihrem Ehemann, auch einem Pfarrer, bewohnt. Von der Stadt aufs Land, von wechselndem Publikum zu bekannten Gesichtern in den Kirchenbänken, von Experimenten zur Routine. In Potsdam verlegte die junge Pfarrerin den Gottesdienst vom Sonntagvormittag auf den Samstagabend. Ab und an kamen Jazzmusiker vorbei. „Wir haben dann verjazzte Choräle gespielt“, erinnert sich Rumpel.
Ob so viel Experimentierfreudigkeit auch an ihrem neuen Arbeitsort funktionieren wird? „Das kann ich noch nicht abschätzen, aber ich werde es ausprobieren“, so die Pfarrerin. Jetzt gehe es erst mal darum, sich kennenzulernen: „Ich mache, was in den letzten drei Jahren zu kurz gekommen ist“, kündigt sie an. Die vakante Stelle hatten zuletzt zwei Pfarrer betreut, jedoch hatten sie nicht für alles Zeit. Rumpel wolle die Menschen besuchen und sich Lebensgeschichten anhören. Ihr Pfarrhaus stehe alle offen.
„Hier kann man auch gerne vorbeikommen, ein bisschen Ruhe finden, einen Tee mit mir trinken.“ Die neue Pfarrerin sucht auch Kontakt zur weltlichen Gemeinde: „Wenn es einen neuen Leiter der Feuerwehr gibt, würde ich mich freuen, wenn ich bei seiner Einführung eingeladen werde – umgekehrt gilt das auch.“
Für die vielen jungen Familien in Michendorf könne sie sich eine Familienfreizeit vorstellen. Doch so viele neue Ideen hat die Pfarrerin noch gar nicht. Sie hat zum ersten Mal zwei feste Gemeinden und deren Gotteshäuser, die sie betreut. Das bringe schon genügend Herausforderungen: „Ich denke, es gibt hier viele unausgesprochene Erwartungen an mich“, so Rumpel. Vor Kurzem habe ein Gemeindemitglied bei ihr angerufen, um zu erfahren, wie nun das Frauenfrühstück organisiert werde. „Ich wusste nicht, dass ich dafür die Leitung übernehmen soll.“
Für die junge Pfarrerin bringt der neue Job viel Neues mit sich: „Von vielem habe ich keine Ahnung, weil ich das noch nie gemacht habe.“ Dennoch freut sie sich über ihre Luxusstelle, wie sie es nennt. Sie habe bei nur zwei zu betreuenden Gemeinden Zeit für die Kür. „Andere Kollegen müssen bis zu neun Kirchen betreuen. Da geht es darum, die Pflicht zu erfüllen.“
Unschlagbar ist für sie der Blick aus ihrem Büro ins Grüne. „Mein Glaube hat viel mit der Natur zu tun.“ Schon im Studium habe sie von einem Pfarrhaus mit Garten geträumt. Zum Abschied haben ihr die Potsdamer eine Handschere für Schafe geschenkt. Jetzt fehlen ihr nur noch die blökenden Tiere. Eva Schmid
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