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KulTOUR: Von Tuten und Blasen

Der Potsdamer Posaunist Dieter Bethke zu Gast im Caputher Haus der Klänge

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Schwielowsee - Die meisten tun immer so, als ob sie fast alles wüssten. Wenn man dann genauer hinsieht, stellt sich heraus, dass es damit nicht weit her ist. Sie haben oftmals keine Ahnung von Tuten und Blasen. Einem Mann wie Dieter Bethke kann so etwas nicht passieren, er ist in diesem Fache Meister. Blasen und Tuten hat er studiert, war dann sogar Solo-Posaunist bei den Brandenburger Symphonikern, so lange es diese gab. Ein As auf allen Blechblasinstrumenten, von der Städtischen Musikschule Potsdam bestellt, den Nachwuchs zu fördern, sonst als einer der Potsdamer Turmbläser aktiv. Am Sonntag war er bei Christine Rasch und Jürgen Motog im Caputher „Haus der Klänge“ zu Gast, einem der kleineren, aber feinen Veranstalter des Ortes.

Unter dem Titel „Von Tuten und Blasen“ war eine musikalische Entdeckungsreise von der Schlauchtrompete bis zur Bass-Tuba für Kinder und Jugendliche angekündigt, in der Bergstraße 10 wurde es richtig voll, auch den Eltern blieb ein extraordinärer Bildungseffekt nicht erspart. Festliche Eingangsmusik aus dem Off, ein kleines Mädchen dazu verwundert: „Wie bei Aschenputtel im Schloss!“ Das hätte die Marschrichtung werden können.

Dieter Bethke hatte seine ganze Familie mitgebracht, Trompete und Jagdhorn, Posaune und Tuba, Naturtrompete und Tenorhorn, jenes Instrument, das man übt, solange die Arme noch zu kurz sind, um den Posaunenzug zu bedienen. Er erzählte auch, wie bei ihm einst alles begann. Seine erste Trompete war eine Improvisation aus Gartenschlauch und Küchentrichter, das Mundstück bekam er zuvor geschenkt. Funktioniert nicht? Oh doch, er hatte gleich drei dieser Dinger mitgebracht, jeder der wollte, durfte diesen gerollten Konstruktionen unter besonderer Berücksichtigung der hygienischen Vorschriften (Küchenrolle) ein paar Töne entlocken; dass man mit derart selbstgebauten Instrumenten sogar den Kaiser Wilhelm zurückfordern kann, war auf einer anderen Konserve mit Blasen und Tuten zu hören.

Noch später erfuhr man in einem kurzen Kapitel, dass auch mancher Ton seinen verdienten Dämpfer bekommt. Jedes dieser Blechblasinstrumente wurde vorgestellt, dann erklärte der Musiker die Tonbildung und einige Besonderheiten, von der Ventiltechnik oder der „Wasserklappe“ für den kondensierten Atem. Gemeinsam mit seinem Schüler und Gehilfen blies man ein kurzes Stück auf dem Tenorhorn. Werbung hin oder her, Eduard hätte den anderen Kindern bestimmt noch aus seinen Lehrjahren an der Potsdamer Musikschule erzählen können.

Unter Berücksichtigung der hygienischen Besonderheiten (Küchenrolle) war es dem Publikum dann erlaubt, in die „Riesentrompete“ zu blasen. Auch hier war der Krieg ein Vater aller Dinge: sie wurde im 19. Jahrhundert zum besseren Marschieren erfunden. Benni, Merle, Amelie und der vierjährige Willi konnten sich nach dem Schlange stehen selbst überzeugen: Irgendwas kommt immer raus aus so einer gewaltigen Tuba!

Man merkte es an der Unruhe: zu früh war das doch recht technisch ausgerichtete Konzept erschöpft. Tierimitationen auf der Posaune erraten, etwas Jagdhorn-Latein, zum Füllen. In dieses Programm gehört doch viel mehr Anschauung hinein: Musikbeispiele bis in die unruhige Neuzeit, Anekdoten vom alttestamentlichen Jericho über Mozarts "Requiem" bis zu Märchen und Jazz! Kinder verstehen immer etwas mehr von Tuten und Blasen, und Aschenputtels Schloss hat bekanntlich Türen für alles.

Gerold Paul

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